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Humanistischer Bildungscampus

Eine humanistische Schule in Berlin

Kinderzeichnung Schule
Bild eines Schülers der 3. Klasse der Meyonohk School, Kanada
Mitten in Berlin-Pankow steht ein mehrgeschossiger Plattenbau aus den 1970er Jahren – die ehemalige australische Botschaft in Berlin-Ost. Noch ist es still im denkmalgeschützten Gebäude, aber schon bald will der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg hier ein lang gehegtes Projekt verwirklichen. Entstehen wird ein Humanistischer Bildungscampus aus Kindertagesstätte und Grundschule im Ganztagsbetrieb. Gerade beginnen die umfangreichen Umbau- und Sanierungsarbeiten.

Mit der geplan­ten Grund­schu­le wird nun eine Idee umge­setzt, die über meh­re­re Jah­re im Dis­kurs mit Fachwissenschaftler*innen, Praktiker*innen und inter­es­sier­ten Mit­glie­dern in Ber­lin ent­wi­ckelt wur­de. Kon­zep­tio­nell grei­fen wir reform­päd­ago­gi­sche Ansät­ze auf und ver­bin­den sie mit einem huma­nis­ti­schen Bil­dungs­ver­ständ­nis und Erkennt­nis­sen der aktu­el­len Lern­for­schung. Aus einer ehr­wür­di­gen Bot­schaft wird nun eine Lern­bot­schaft – ein Lern- und Lebens­ort, an dem welt­li­cher Huma­nis­mus als Lebens­hal­tung und Wert­ori­en­tie­rung im All­tag posi­tiv erlebt wer­den kann. Oder anders gesagt: ein Ort, an dem Kin­der ent­de­cken kön­nen, was in ihnen steckt.

Wir kön­nen auf vie­le gesam­mel­te Erfah­run­gen im Lebens­kun­de­un­ter­richt und in unse­ren Kin­der­ta­ges­stät­ten zurück­grei­fen. Dort wie auch bei all unse­ren Über­le­gun­gen für eine huma­nis­ti­sche Schu­le ist Aus­gangs­punkt, dass wir unse­re päd­ago­gi­sche Arbeit an den Grund­be­dürf­nis­sen der Kin­der ori­en­tie­ren. Es ist das Span­nungs­feld zwi­schen einem star­ken Auto­no­mie­be­stre­ben der Kin­der einer­seits und ihrem Bedürf­nis nach emo­tio­na­ler Sicher­heit ande­rer­seits, das uns her­aus­for­dern wird. Denn hier sehen wir den Schlüs­sel dafür, unse­re Schu­le zu einer Werk­statt Sinn-erfüll­ten Tuns zu ent­wi­ckeln. Es soll eine Gemein­schaft ent­ste­hen, in der alle von­ein­an­der ler­nen und anein­an­der wach­sen kön­nen. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler wer­den dar­in ermu­tigt, zuneh­mend Ver­ant­wor­tung für ihr eige­nes Leben als auch für die Gemein­schaft zu über­neh­men.

Sich selbst und den Wert von Gemeinschaft spüren

Unse­re Schu­le soll ein sehr leben­di­ger Ort sein. Mit ihren indi­vi­du­el­len Bio­gra­fien, Fähig­kei­ten und Beson­der­hei­ten berei­chern die Kin­der das Zusam­men­le­ben und das Lern­ge­sche­hen. Wir wol­len, dass sie ihren eige­nen Inter­es­sen, Vor­stel­lun­gen und Mög­lich­kei­ten fol­gen kön­nen. Dafür wer­den wir neben den von Leh­re­rin­nen und Leh­rern mit fach­li­cher Lei­den­schaft gestal­te­ten Lern­pha­sen offe­ne Lern­for­men ent­wi­ckeln, die selbst­be­stimm­tes Ler­nen ermög­li­chen. Wir schaf­fen Frei­raum für den Gestal­tungs­wil­len der Kin­der, damit sie ihre The­men phan­ta­sie­voll, mit Kör­per­ein­satz und allen Sin­nen erkun­den kön­nen. Hier fin­den sie aus­rei­chend Zeit, ihre Fra­gen gründ­lich aus­zu­lo­ten. Zeit, um arbeits­tei­lig zu koope­rie­ren, sich aus­zu­tau­schen, sich rück­zu­ver­si­chern und Hil­fe geben oder emp­fan­gen zu kön­nen. Auf die­se Wei­se machen Kin­der das Ler­nen zu ihrer eige­nen Auf­ga­be, kön­nen Freu­de an den eige­nen Lern­erfol­gen emp­fin­den und sich nach­hal­tig Wis­sen aneig­nen. Beson­de­re Bedeu­tung geben wir an unse­rer Schu­le Lern­ge­le­gen­hei­ten, in denen ein gemein­sa­mes Ziel ver­folgt wird. In Pro­jek­ten, Werk­stät­ten und gemein­sa­men Fes­ten ist nicht nur der Bei­trag jeder und jedes Ein­zel­nen für das Gesamt­ergeb­nis wich­tig, son­dern Kin­der erfah­ren auch, welch ein­drucks­vol­le Din­ge durch gemein­sa­me Anstren­gung geschaf­fen wer­den kön­nen.

Selbst­ver­ständ­lich wer­den die Kin­der empha­tisch beglei­tet von ihren Leh­re­rin­nen und Leh­rern. Die­se geben Füh­rung und Ver­ant­wor­tung kei­nes­wegs aus der Hand und hal­ten auch den Blick zu den Lehr­plan­zie­len. Aber sie ent­wi­ckeln ein Gespür für das Bedürf­nis und die Fähig­keit der Kin­der, zuneh­mend selbst Ver­ant­wor­tung für die eige­nen und die Lern­fort­schrit­te ihrer Grup­pe über­neh­men zu wol­len und zu kön­nen.

Bildung als Menschenbildung begreifen

Unser Ver­ständ­nis von schu­li­scher Bil­dung geht über die Aneig­nung von fach­li­chen und metho­di­schen Kom­pe­ten­zen hin­aus. Mit­mensch­lich­keit, Enga­ge­ment, Kon­flikt­fä­hig­keit, Eigen­ver­ant­wor­tung, Mut oder Sinn­lich­keit sind nur eini­ge Din­ge, die wir ratio­nal kaum fas­sen kön­nen. Aber gleich­wohl sind sie so bedeut­sam für unser Zusam­men­le­ben. Das spü­ren auch Kin­der. Es ist vor allem das Fach Lebens­kun­de, das Sinn- und Wer­te­fra­gen expli­zit zum Gegen­stand im Lern­pro­zess macht. Doch lebens­kund­li­ches Ler­nen soll an unse­rer Schu­le kein iso­lier­tes Fach sein. Wir wol­len Wer­te­fra­gen nicht von Sach­fra­gen abkop­peln. Im Beson­de­ren hal­ten wir Begeg­nun­gen mit Lite­ra­tur, Musik, Bewe­gung, bil­den­der und dar­stel­len­der Kunst für unver­zicht­bar. Ästhe­ti­sche For­men und ihr sinn­li­ches Erle­ben machen uns auf spe­zi­el­le Wei­se emp­fäng­lich für ein tie­fe­res Ver­ständ­nis von uns und der Welt. Dif­fe­ren­zier­ter emp­fin­den zu kön­nen, sich auf viel­fäl­ti­ge Wei­se aus­drü­cken zu kön­nen, von Geschich­ten und Gedich­ten berührt zu wer­den oder ein­fach von der Schön­heit kul­tu­rel­ler Krea­tio­nen ent­zückt zu sein, macht uns nicht nur rei­cher, son­dern kann die Aus­prä­gung von Empa­thie in unse­ren zwi­schen­mensch­li­chen Bezie­hun­gen unter­stüt­zen. Und ohne die ist die Ent­wick­lung von Ver­nunft und Moral kaum denk­bar.

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