Liebe Anwesende,
liebe Kinder, liebe Jugendliche, liebe Gäste,
wir sind heute hier, um der Opfer von Krieg, Gewalt und Terror zu gedenken.
Wir denken an die unzähligen Menschen, die ihr Leben verloren haben –
an die Soldaten, an die Zivilbevölkerung,
an die, die geflohen sind, und an die, die geblieben sind.
Und wir wissen: Frieden ist nichts Selbstverständliches.
Er ist kein Besitz, den man einmal erringt und dann behält.
Frieden ist zerbrechlich.
Er braucht Pflege, Aufmerksamkeit – und Menschen, die sich für ihn einsetzen.
Der Titel dieser Feier – „Zerbrechlicher Frieden – wie halten wir zusammen?“ – stellt eine große Frage.
Eine, die uns alle betrifft.
Denn auch wenn es in Deutschland seit vielen Jahrzehnten keinen Krieg mehr gegeben hat,
so spüren wir doch: Der Frieden, den wir kennen, wankt.
Wir erleben Hass und Hetze,
Misstrauen und Spaltung,
Angst vor dem, was anders ist.
Und gleichzeitig sehen wir die Nachrichten aus der Welt –
aus der Ukraine, aus dem Nahen Osten,
aus vielen Regionen, in denen Menschen einander bekämpfen,
weil sie vergessen haben, was sie verbindet.
Darum ist dieser Tag nicht nur ein Tag des Erinnerns,
sondern auch ein Tag des Nachdenkens:
Was können wir tun, um zusammenzuhalten?
Wie kann jeder einzelne Mensch dazu beitragen,
dass der Frieden nicht zerbricht – nicht in der Welt,
nicht in unserer Gesellschaft, nicht in uns selbst?
Vielleicht können uns dabei die Steine helfen,
die heute hier gestaltet wurden.
Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben ihre Gedanken darauf geschrieben oder gemalt:
Worte, Symbole, Farben des Friedens.
Steine sind ein starkes, schönes Bild.
Ein einzelner Stein wirkt unscheinbar, fast unbedeutend.
Aber viele Steine zusammen können etwas tragen.
Sie können eine Mauer stützen – oder einen Weg pflastern.
Sie können trennen – oder verbinden.
Es liegt an uns, was wir mit unseren Steinen tun.
Ob wir sie gegeneinander werfen –
oder ob wir sie nebeneinander legen,
als Zeichen dafür, dass wir ein Fundament schaffen wollen:
ein Fundament des Vertrauens, der Solidarität,
der Menschlichkeit.
Frieden beginnt im Kleinen.
In unseren Worten,
in unseren Gesten,
in der Art, wie wir einander begegnen.
Frieden beginnt dort,
wo jemand zuhört,
wo jemand teilt,
wo jemand sagt: „Ich verstehe dich – auch wenn ich anders denke.“
Humanistisch zu leben heißt,
die Würde jedes Menschen zu achten,
Verantwortung zu übernehmen –
für mich selbst, für andere, für das gemeinsame Leben auf dieser Erde.
Es heißt, sich nicht abzufinden mit Ungerechtigkeit,
nicht wegzusehen, wenn jemand leidet,
und nicht aufzugeben, auch wenn die Welt manchmal hart und kalt erscheint.
Denn Humanismus ist – so schlicht es klingt –
die Haltung, Mensch zu sein.
Menschlich zu denken.
Menschlich zu handeln.
John Lennon hat diesen Gedanken vor über 50 Jahren in Musik verwandelt.
Er hat geträumt – von einer Welt ohne Grenzen,
ohne Hunger, ohne Besitzgier,
in der die Menschen in Frieden zusammenleben.
„Imagine all the people, living life in peace.“
Er wusste: Frieden beginnt in der Vorstellungskraft.
In der Fähigkeit, sich etwas Besseres vorzustellen,
und den Mut zu haben, daran zu glauben.
Vielleicht braucht es genau das wieder –
die Fantasie, dass es auch anders gehen kann.
Dass wir uns die Welt vorstellen,
wie sie sein könnte –
und dann anfangen, sie Schritt für Schritt dorthin zu bewegen.
Manchmal scheint der Frieden fern.
Aber er ist nie verloren, solange Menschen sich umeinander kümmern.
Solange Kinder lernen, dass jedes Leben gleich wertvoll ist.
Solange Jugendliche den Mut haben, Fragen zu stellen und Verantwortung zu übernehmen.
Solange Erwachsene sich nicht in Gleichgültigkeit zurückziehen,
sondern bereit sind, ihre Steine in das gemeinsame Bauwerk einzufügen.
Jeder Stein zählt.
Jedes Wort.
Jede Geste.
Heute erinnern wir – und wir hoffen.
Wir trauern – und wir handeln.
Wir wissen, dass Frieden zerbrechlich ist –
und genau deshalb schützenswert.
Vielleicht können wir heute, hier,
ein kleines Stück Frieden in uns bewahren –
und es hinaustragen, in unsere Familien, in unsere Freundeskreise,
in unsere Nachbarschaften.
Damit der Frieden nicht nur ein Wort bleibt,
sondern eine Haltung.
Damit die Steine, die wir bemalt haben,
nicht einfach liegen bleiben,
sondern weiter wirken –
als Zeichen dafür, dass wir glauben an das,
was uns verbindet:
an Mitmenschlichkeit, an Hoffnung, an die Kraft des Zusammenhalts.
Und so, wie die Schülerinnen und Schüler der Adolf-Reichwein-Schule
mit ihrem Darstellenden Spiel zeigen,
dass Frieden sichtbar werden kann –
und wie die Bahai-Gemeinde uns daran erinnert,
dass Frieden immer auch im Inneren eines jeden Menschen beginnt –
so wollen wir gemeinsam den Blick nach vorn richten.
Lasst uns also erinnern –
aber auch vorstellen.
Lasst uns trauern –
und zugleich träumen.
Lasst uns, wie John Lennon es singt,
die Welt „imagine“ –
und sie ein kleines Stück friedlicher machen,
heute, hier, miteinander.















