Ehrenamtliches Engagement

„Nicht nur teilnehmen, sondern aktiv mitgestalten“

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Begonnen hat alles mit der eigenen JugendFEIER – heute gestalten Vanessa Meisner und Samira Ruhland als Vorstandsmitglieder die Jungen Humanist*innen Brandenburg mit. Ein Gespräch über die Notwendigkeit von struktureller Unterstützung im Ehrenamt und unvergessliche Momente – von Brandenburg bis ins Schloss Bellevue.

Wie seid ihr zu eurem Ehrenamt bei den Jungen Humanist*innen gekommen?

Vanes­sa Meis­ner: Mit 14 habe ich mei­ne Jugend­FEI­ER beim Huma­nis­ti­schen Ver­band Nord­bran­den­burg (ehe­mals Frei­den­ker Bar­nim) gefei­ert und so den Ver­band erst­mals ken­nen­ge­lernt. Da der Huma­nis­ti­sche Ver­band Nord­bran­den­burg schon früh sein Ver­trau­en in jun­ge Men­schen steckt und die Über­nah­me von Ver­ant­wor­tung zulässt, wur­de ich 2016 in den Vor­stand gewählt und habe dort den Wunsch nach einem Jun­gen­d­ver­band im Bar­nim wahr­ge­nom­men. Da bis dato noch kei­ner exis­tier­te, wur­de ich zur Pro­jekt­ko­or­di­na­to­rin für die Jun­gen Humanist*innen im Bar­nim und habe dort unse­ren Jugend­ver­band auf­ge­baut. Durch die­se Rol­le wur­de ich schließ­lich im Jahr 2024 in den Vor­stand der Jun­gen Humanist*innen Bran­den­burg gewählt.

Sami­ra Ruh­land: Mein Weg zu den Jun­gen Humanist*innen begann 2010 mit mei­ner eige­nen Jugend­FEI­ER in Zeu­then. Im Vor­be­rei­tungs­pro­gramm habe ich an Aktio­nen der Jun­gen Humanist*innen Land­kreis Dah­me Spree­wald teil­ge­nom­men und dort Freund­schaf­ten geschlos­sen. Irgend­wann habe ich gemerkt: Ich möch­te nicht nur teil­neh­men, son­dern aktiv mit­ge­stal­ten. So bin ich Teame­rin gewor­den – und seit­dem sind die Jun­gen Humanist*innen ein fes­ter Teil mei­nes Lebens.

Wie schafft ihr es, andere junge Menschen für Mitgestaltung und Engagement zu begeistern?

Vanes­sa Meis­ner: Ich den­ke, mein eige­nes Enga­ge­ment und mei­ne per­sön­li­che Begeis­te­rung spie­len da eine gro­ße Rol­le. Von Beginn an erle­ben die Jun­gen Humanist*innen, wie ich bei vie­len Ver­an­stal­tun­gen, Kur­sen, Ver­samm­lun­gen und Camps immer mit Freu­de dabei bin. Das moti­viert selbst tätig zu wer­den.

Sami­ra Ruh­land: Ich glau­be, es ist eine Mischung aus ver­schie­de­nen Din­gen. Wich­tig ist mir, immer ein offe­nes Ohr zu haben, ehr­lich zu sein und ver­läss­lich zu han­deln – das schafft Ver­trau­en. Gleich­zei­tig ver­su­che ich, ande­ren zu zei­gen, dass ihr Bei­trag wirk­lich zählt und dass sie nicht allein sind. Viel­leicht bin ich dadurch auch ein Stück weit ein Vor­bild. Vor allem aber möch­te ich, dass die Men­schen spü­ren: Ich sehe sie, ich schät­ze sie, und ich freue mich, dass sie dabei sind.

Was wünschst ihr euch von Politik und Gesellschaft, um ehrenamtliches Engagement besser zu unterstützen?

Vanes­sa Meis­ner: Von der Poli­tik wün­schen wir uns als jun­ge Humanist*innen vor allem finan­zi­el­le Unter­stüt­zung. Von der Gesell­schaft hin­ge­gen wür­den wir uns eine per­so­nel­le Ver­stär­kung wün­schen, da Ehren­amt und sei­ne Pro­jek­te nun mal nur von Men­schen lebt. 

Sami­ra Ruh­land: Eine der größ­ten Hür­den ist die Finan­zie­rung. Ehren­amt braucht Haupt­amt – das ist kei­ne Flos­kel, son­dern Rea­li­tät. Ohne haupt­amt­li­che Struk­tu­ren las­sen sich vie­le Pro­jek­te schlicht nicht umset­zen, weil Ehren­amt­li­che neben Schu­le, Stu­di­um, Arbeit oder Fami­lie nicht auch noch För­der­mit­tel­ak­qui­se, Teilnehmer*innenmanagement und Büro­kra­tie stem­men kön­nen. Dar­über hin­aus braucht es mehr ech­te Aner­ken­nung. Ein­mal im Jahr ein ‚Dan­ke‘ zu hören, reicht nicht. Gut fin­de ich, dass JuLeiCa-Inhaber*innen inzwi­schen in Bran­den­burg einen Aus­gleich von Ver­dienst­aus­fall beim Lan­des­ju­gend­ring bean­tra­gen kön­nen – das ist ein wich­ti­ger Schritt in die rich­ti­ge Rich­tung. Sol­che Maß­nah­men soll­ten aus­ge­wei­tet wer­den, damit Enga­ge­ment nicht nur Her­zens­sa­che, son­dern auch prak­tisch mach­bar bleibt.

Welches Erlebnis in eurem Ehrenamt ist euch bisher besonders in Erinnerung geblieben?

Vanes­sa Meis­ner: Das ist eine schwie­ri­ge Fra­ge, da es schon vie­le schö­ne Momen­te gab. Um eines zu nen­nen, wür­de ich an die­ser Stel­le unser Star­ter­camp aus­wäh­len. Jedes Jahr zum Auf­takt in die neue Jugend­FEI­ER-Sai­son fin­det das Star­ter­camp statt, bei dem rund 200 Jugend­li­che aus ganz Bran­den­burg und teil­wei­se auch aus Ber­lin ein gan­zes Wochen­en­de Zeit mit­ein­an­der ver­brin­gen. Die­se Zeit ist immer am schöns­ten, da man jedes Jahr aufs Neue vie­le Men­schen aus den ande­ren Regio­nal­ver­bän­den wie­der sieht und live mit­er­lebt, wie viel Spaß und Freu­de die Jugend­li­chen bei sol­chen Pro­jek­ten haben.

Sami­ra Ruh­land: In fünf­zehn Jah­ren gibt es natür­lich vie­le Erin­ne­run­gen. Beson­ders prä­gend waren für mich als Jugend­li­che unse­re Som­mer­fahr­ten nach Lub­min sowie die Gedenk­stät­ten­fahr­ten oder das jähr­li­che Lan­des­tref­fen, bei dem Jun­ge Humanist*innen aus ganz Bran­den­burg und Ber­lin zusam­men­kom­men. Ein Pro­jekt, auf das ich beson­ders stolz bin, ist unser Jugend­FEI­ER Star­ter­camp: Mitt­ler­wei­le neh­men rund 250 Jugend­li­che teil, und ich durf­te die­ses Pro­jekt über die letz­ten Jah­re inten­siv beglei­ten und mit­ge­stal­ten. Zu sehen, wie sich das Camp ent­wi­ckelt hat und wel­che Strahl­kraft es inzwi­schen für so vie­le jun­ge Men­schen hat, ist für mich ein abso­lu­tes High­light. Dane­ben gibt es auch klei­ne­re Pro­jek­te, die mir am Her­zen lie­gen – etwa unser Stand beim Berg­funk. Und ein wei­te­rer wich­ti­ger Schritt war, dass wir als Ver­band Voll­mit­glied im Lan­des­ju­gend­ring Bran­den­burg gewor­den sind. Dort darf ich die Jun­gen Humanist*innen im Vor­stand ver­tre­ten – das ist für mich ein beson­de­rer Moment der Aner­ken­nung und Ver­ant­wor­tung.

Wie habt ihr das Bürgerfest beim Bundespräsidenten erlebt?

Vanes­sa Meis­ner: Das Bür­ger­fest des Bun­des­prä­si­den­ten war abso­lut fan­tas­tisch und beein­dru­ckend. Neben einem span­nen­den Pro­gramm aus Tän­zen, Wrest­ling und orches­tra­ler Musik bis hin zu The Boss­Hoss, die ordent­lich für Stim­mung gesorgt haben, war ins­be­son­de­re die Viel­falt an Köst­lich­kei­ten aus aller Welt mein per­sön­li­ches High­light.  Dar­über hin­aus war es schön zu sehen, wie vie­le Men­schen (auch wenn die­se natür­lich nur einen klei­nen Bruch­teil dar­ge­stellt haben) sich ehren­amt­lich enga­gie­ren. Ich bin sehr dank­bar dafür, dass mir die­se Mög­lich­keit gebo­ten wur­de und kann nur an den Bun­des­prä­si­den­ten appel­lie­ren, die­se Tra­di­ti­on wei­ter­zu­füh­ren.

Sami­ra Ruh­land: Das Bür­ger­fest war viel grö­ßer und ein­drucks­vol­ler, als ich es mir vor­ge­stellt hat­te. Beson­ders gefal­len hat mir, wie pro­fes­sio­nell es orga­ni­siert war und wie sehr das Ehren­amt dort gewür­digt wur­de – das fühlt sich ein­fach gut an, wenn Enga­ge­ment sicht­bar gemacht wird. Gleich­zei­tig war es leicht, mit ande­ren ins Gespräch zu kom­men, Erfah­run­gen aus­zu­tau­schen und neue Kon­tak­te zu knüp­fen. Ein beson­de­res High­light für mich war die Begeg­nung mit Raúl Kraut­hau­sen. Er setzt sich seit vie­len Jah­ren für Inklu­si­on und Bar­rie­re­frei­heit ein, u. a. über die Sozialheld*innen, sei­ne Bücher und Medi­en­for­ma­te. Dass er auch ein­mal eine Video-Gruß­bot­schaft für die Jugend­FEI­ERN auf­ge­nom­men hat, zeigt, dass unser Enga­ge­ment und unse­re Arbeit auch über den Ver­band hin­aus wahr­ge­nom­men wer­den – und das hat mich an dem Tag beson­ders gefreut. Und dann gab es natür­lich auch die klei­nen High­lights: die tol­le Atmo­sphä­re, das groß­ar­ti­ge Essen und die Show von The Boss­Hoss.

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