180 Jahre reicht die Geschichte unseres Verbandes nun schon zurück. Nicht ganz so alt, aber auch schon einige Jahre zählt unsere Familiengeschichte bei den Humanisten Baden-Württemberg.
Nachdem meine Uroma Hilda Krafft damals den Verband entdeckt und sich engagiert hatte, war im Jahr 1966 meine Oma Gisela Colletti die erste unserer Familie, die die damalige Jugendweihe gefeiert hat. Auch meine Mama Nina und meine Tante Claudia haben 1989 und 1992 ihre Jugendweihe bei den Humanisten Baden-Württemberg zelebriert.
Mittlerweile heißt die Jugendweihe nicht mehr Jugendweihe, sondern Jugendfeier – und auch das grundlegende Konzept hat sich ziemlich geändert. Das durften ich 2018 und mein Bruder Tim 2022 miterleben – und als JuHus weiterhin mitgestalten.
Bei den damaligen Jugendweihen – organisiert von Dr. Karl Becker (unserem damaligen Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzenden) und der 2. Vorsitzenden Hildegard Schwenger – standen Musik und Reden im Vordergrund. Die Festrede wurde damals wie heute vom Geschäftsführer persönlich gehalten. Die Musik trug früher die Brennersche Chorvereinigung und ein großes Orchester bei. Heute werden wir zuverlässig von der Band „Friday Night“ der Musikschule Stuttgart begleitet. Damit hat sich auch die Musik von klassischer zur etwas populäreren und jugendlicheren Art geändert. Die Beiträge der „Weihlinge“ beschränkten sich damals darauf, dass jeder im Vorfeld ein Gedicht erhielt, welches dann auswendig gelernt und auf der Bühne vorgetragen werden musste. Dieses Konzept hat sich lange gehalten, auch meine Mama Nina Colletti hat damals noch ein Gedicht auswendig gelernt.
Erst mit Petra Häneke, der damaligen Jugendreferentin, die vor vielen Jahren die Organisation der Jugendfeier übernommen hatte, wurde das Konzept dann zusammen mit Andreas Henschel grundlegend geändert. Mittlerweile geht es darum, dass die Jugendlichen selbst ihre Feier in die Hand nehmen. Sie führen Beiträge auf, die zeigen, was ihnen im Leben wichtig ist und was sie so beschäftigt. Das können die unterschiedlichsten Dinge sein. Von Hobbys wie Sport oder Musik, über Vorträge zu Themen, die die Welt bewegen, bis hin zu gemeinsamen Projekten wie Theater oder Filmen kann alles dabei sein. Hauptsache ist, dass die Jugendlichen sich als eigenständige Person zeigen und in der Vorbereitungszeit auch einiges über sich und ihre Gemeinschaft kennenlernen.
Wer in den letzten Jahren mal eine Jugendfeier besucht hat, vielleicht sogar die der eigenen Kinder oder Enkelkinder, dem ist sicherlich die schöne Blumendekoration auf der Bühne aufgefallen oder die Blumensträuße mit den Gladiolen, die die Jugendlichen als Geschenk vom Verband auf der Bühne feierlich überreicht bekommen. Die Tradition der Blumen für die Feierlinge gibt es ebenfalls schon von Anfang an, auch früher schon haben die Weihlinge einen Blumenstrauß oder später eine Rose geschenkt bekommen. Für die wunderschöne Blumendekoration der Jugendweihen, aber auch der ganzen andern Feiern, die im Humanistischen Zentrum stattfanden, war viele Jahre meine Oma verantwortlich.
Durch das geänderte Konzept der Jugendfeier hat sich auch die Vorbereitung grundlegend gewandelt. Früher ging es eher darum, eine Alternative für den Religionsunterricht in der Schule anzubieten, da es damals noch keinen Ethikunterricht gab. Hildegard Schwenger hat einen regelmäßigen Unterricht alle zwei Wochen in der Brunnen-Realschule Bad Cannstatt angeboten. In der Klasse waren 4–8 Kinder verschiedenen Alters aus dem Großraum Stuttgart. Dieser Unterricht wurde nicht nur ein Jahr vor der Jugendweihe als direkte Vorbereitung angeboten, sondern bereits seit der Grundschule bis zur Jugendweihe als tatsächlicher Unterricht. In den Sommerferien gab es regelmäßig eine Ferienfreizeit in Wart, an der die jugendlichen Mitglieder teilnehmen konnten, allerdings war auch das keine direkte Jugendweihevorbereitung. Hier wurden zwar ebenfalls die Werte des Humanismus vermittelt und das Gemeinschaftsgefühl durch Wanderungen und gemeinsame Erlebnisse gestärkt, eine direkte Vorbereitung auf die Jugendweihe und die in dieser Zeit anstehende Persönlichkeitsentwicklung beim Übergang vom Kind zum Erwachsenen wurde hierbei allerdings nur implizit thematisiert.
Mittlerweile gibt es ja Ethik-Unterricht an Schulen und die Vorbereitung bei uns Humanisten ist inzwischen speziell auf die Jugendfeier ausgerichtet. Sie startet stets im Herbst mit den ersten Informationstreffen für die Eltern und ihre Kinder. Die Vorbereitungstreffen beginnen dann im Dezember. Von da an treffen wir uns meist an einem Wochenende im Monat vorwiegend in unserem Humanistischen Zentrum. Hier starten wir die Jahrgangsrunde einerseits mit Aktivitäten, um uns besser kennen zu lernen und die Gemeinschaft zu stärken, andererseits mit inhaltlichen und organisatorischen Inputs. Unser Ziel ist es, den Jugendlichen unseren Humanismus näherzubringen, dabei ist es uns besonders wichtig, dass die Jugendlichen ein Team werden, sodass sie die Jugendfeier wirklich zusammen erleben können. Um diese beiden Punkte zu fördern, fahren wir beispielsweise meist im März für ein Wochenende nach Nürnberg, um den Jugendlichen die deutsche Geschichte und die Wichtigkeit des gelebten Humanismus vor Augen zu führen. Im Mai geht es dann noch nach Erpfingen. Hier steht vor allem die Erlebnispädagogik und die Teambildung im Vordergrund. Je näher wir im Jahr Richtung Jugendfeier im Juli voranschreiten, desto mehr geht es bei den Vorbereitungstreffen um die persönlichen Jugendfeierbeiträge, deren Vorbereitung und Vortrag die Feierlinge bei ihrer Persönlichkeitsbildung entscheidend unterstützen sollen. Sie werden von der Idee bis zur Finalisierung von den JuHus sowie dem eingespielten Team um Marcel Kronfeld und Matthias Schürger begleitet.
So stellt unser Verband heute wie damals einzigartige und persönliche Jugendfeiern auf die Beine, die sowohl den Verband präsentieren, aber auch für junge Menschen einen Einstieg in unseren Verband und einen überzeugenden Übergang ins Erwachsenenleben darstellen.
Der Beitrag erschien zuerst in Humanistische Rundschau 2/2025. Wir danken den Humanisten Baden-Württemberg für die freundliche Genehmigung zur Zweitveröffentlichung.