Am 29. Oktober wurden in Frankreich drei Zivilisten von einem islamischen Extremisten ermordet – erstochen und enthauptet. Es war eine schockierende und verabscheuungswürdige Tat, aber keine isolierte. Die Tat wurde verübt, nur vierzehn Tage nachdem der Lehrer Samuel Paty ermordet wurde, weil er seiner Klasse die Meinungsfreiheit und die Angriffe auf Charlie Hebdo erklärt hatte. Frankreich reagierte dann so, wie es eine menschenrechtsliebende Republik tun sollte. Es verteidigte das Recht auf freie Meinungsäußerung, einschließlich der Veröffentlichung von Materialien, die Anstoß erregen könnten.
Es ist abscheulich, dass die Morde in Nizza nunmehr als Vergeltung für die Verteidigung der Redefreiheit und der weltlichen Bildung dargestellt wurden, und es scheint, dass dies eine Situation ist, die außer Kontrolle gerät. In diesem Fall müssen wir uns daran erinnern, dass hier nur auf einer Seite ein Fehler vorliegt. Meinungs- und Glaubensfreiheit sind keine Verbrechen. Aber Mord ist definitiv eines. Gefühle von Beleidigung können niemals Gewalt rechtfertigen, ebenso wenig, wie sie eine Zensur rechtfertigen können. Versuche, irgendeine moralische Äquivalenz zwischen dem Zeichnen von Cartoons oder der Verteidigung der künstlerischen Freiheit einerseits und gewaltsamem Mord und Enthauptung andererseits herzustellen, sind abscheulich.
Solche Versuche sind in vielen Fällen auch unaufrichtig. Die Regierungschefs in der Türkei und in Pakistan stellen sich mit ihrem ganzen diplomatischen Gewicht gegen Frankreich und hinter die Mörder, indem sie die Republik aufgefordert haben, gegen „Islamophobie“ vorzugehen, womit sie nicht Diskriminierung und Vorurteile meinen, sondern die Verletzung religiöser Gefühle, was jedoch kein Verbrechen darstellt.
Dies ist eine alte Leier. Bei den Vereinten Nationen hat Pakistan wiederholt versucht, Anträge für globale Blasphemiegesetze genau mit diesen Begriffen einzureichen – Humanist*innen haben das mit Nachdruck abgelehnt. Die pakistanische Regierung nutzt Mord und Gewalt aus, um die gleiche Trommel wie immer zu rühren. Aber diesmal stellt das Drängen ihrer zensorischen Argumentation auf internationaler Ebene eine Schuldzuweisung gegenüber den Opfern dar. Nach der Aussage „Wir unterstützen Mord nicht“ sollte es kein „Aber“ geben.
Jedenfalls haben wir keinen Grund, denen zu vertrauen, die sagen, dass Gesetze gegen das Beleidigen von Religionen die Gewalt stoppen werden. Länder wie Pakistan, Saudi-Arabien, Nigeria und Bangladesch sind das ganze Jahr über die Heimat dieser Art von Gewalt. Jeder Bürgerwehr, die sich gegen Humanisten, Christen, Ahmadis oder andere Minderheiten richtet, verleihen Blasphemiegesetze Legitimität und Sicherheit der Straflosigkeit, in dem Wissen, dass genug Menschen glauben, Gewalt sei eine akzeptable Reaktion auf diejenigen, die sie beleidigen.
Der Weg zum Verbot von „Beleidigungen“ ist ein Weg zu noch größerem Blutvergießen und Elend. Er wird begleitet von der Aushöhlung unserer Freiheit zur Äußerung der Wahrheit gegenüber der Macht und von einer Verringerung der Farbe und Vielfalt der menschlichen Kultur und des menschlichen Lebens.
Was bleibt zurück? Blut auf den Bürgersteigen, zerstörte Familien. Leben, die aus der Bahn geworfen sind und Leben, die nie mehr so sein werden wie früher. Der wahre Preis, den Mord an Menschen kostet, wird oft vergessen, wenn Ereignisse nationale und internationale Bedeutung erlangen. Aber es sind die Opfer dieser Anschläge, die ich jetzt besonders in den Mittelpunkt unseres Denkens rücken möchte. Ihr Leben. Ihre Menschlichkeit. Ihre Hoffnungen, Potenziale und Träume.
Tragödien wie heute erinnern uns daran, wie klein, kurz und zerbrechlich das Leben ist. Das Leben ist kurz. Deshalb ist es das schrecklichste Verbrechen von allen, es durch Mord zu beenden. Was können wir in diesem kurzen Leben denn tun, als unser Bestes zu geben, um die Zeit zu genießen, die wir haben, und sie zu schätzen, aber wie können wir das? Wir als Humanist*innen müssen Maßnahmen ergreifen, um das Leben für andere zu verbessern, die zukünftigen Generationen eingeschlossen, von denen wir hoffen, dass sie in Freiheit und Frieden leben. Maßnahmen für diese bessere Zukunft zu ergreifen, ist die beste Antwort für alle, die sich nur mit dem Tod befassen und nichts zu bieten haben als die Stille der Angst und des Elends.
Was tun wir also, wenn wir von einer solchen Unmenschlichkeit und Barbarei herausgefordert werden – und zunehmend auch von verrückten Versuchen, dies zu rechtfertigen, von anderen, die wir lieben, respektieren oder sonst kennen? Hier müssen wir üben, was wir predigen: mit unseren Worten antworten. Mit Fakten. Mit Argumenten. Und dann zuhören und wieder antworten. Dabei zielen wir nicht darauf ab, Punkte zu sammeln – das Leben ist keine YouTube-Debatte –, sondern Meinungen und Einstellungen zu ändern. Denn etwas sehr Wichtiges hängt davon ab: die Zukunft einer liberalen, freiheitsliebenden Weltordnung.
Wir alle müssen für unsere am meisten geschätzten Rechte eintreten: Gedankenfreiheit, Meinungsfreiheit … das Recht auf Leben selbst. Das heißt, dass wir alle uns gegen die Schuldzuweisung gegenüber den Opfern aussprechen müssen, wenn sie geschieht. Dies kann bedeuten, sich mit Freunden zu streiten, die sich solchen falschen Gleichsetzungen hingeben. Es kann bedeuten, Beschwerden einzureichen, wenn Journalisten die faule Option wählen, „beide Seiten“ als schuldig darzustellen: verrückte Mörder und Führer von Halbtheokratien einerseits, Führer, Bürger und Lehrer von Republiken andererseits, die auf Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten beruhen. So können wir heute und künftig auf das reagieren, was heute passiert ist.
In Solidarität
Andrew Copson