Herr Eckartsberg, vor sechs Jahren begann der HVD-Ortsverband Garbsen mit der Planung für einen humanistischen Bestattungshain, im vergangenen Sommer wurde dieser eröffnet. Warum ist ein solcher Ort wichtig? Wie kam das Projekt zustande?
Wir wollen Humanistinnen und Humanisten die Möglichkeit geben, in ihrem Sinne und an einem schönen Ort bestattet zu werden. Diesen Ort zu schaffen, war ein ganzes Stück Arbeit: von der räumlichen Planung und den Verhandlungen mit Politik und Verwaltung bis zur Überwindung von einigen Widerständen seitens der Kirche. Und auch an praktischer Arbeit gab es viel zu tun. Zuletzt haben wir über 60 Bäume gepflanzt und bewässert.
Alles in allem sind über 6.000 ehrenamtliche Stunden in das Projekt geflossen – und es ist am Ende gelungen. Es soll für unseren Ortsverband auch eine Art Leuchtturmcharakter haben. Neben unserer humanistischen Kinderkrippe ist der Bestattungshain ein wichtiges Aushängeschild der Humanisten vor Ort.
Aber grundsätzlich ist der Wald offen für alle, nicht nur für Humanist*innen und konfessionsfreie Menschen?
Ja natürlich! Es gibt einen speziellen reservierten Bereich für HVD-Mitglieder, aber in jedem Falle ist der Hain offen für alle Menschen, ganz unabhängig von ihrem religiösen Bekenntnis. Viele der Interessenten kommen natürlich wegen des humanistischen Charakters zu uns, für andere ist es einfach ein besonderer Trauerort nahe an der Natur.
Also spielt auch der ökologische Gedanke eine Rolle?
Die Nähe zur Natur ist ein zentraler Gedanke in unserem Bestattungshain. Unsere Urnen sind biologisch abbaubar. So verbindet sich über die Zeit die Asche mit der Erde und bildet die Grundlage für das Wachstum des Waldes. Damit kehren die menschlichen Überreste in den natürlichen Kreislauf der Natur zurück.
Ganz praktisch arbeiten wir auch sonst nur mit natürlich abbaubaren Materialien, wie Rindenmulch für die Wege. Und auch mit lokalen Naturschutzorganisationen arbeiten wir zusammen. So haben wir mit der Initiative „Garbsen for Future“ kooperiert. Die hatte sich ohnehin vorgenommen, im Ort Bäume zu pflanzen und uns dann geholfen, neue Bäume zu besorgen. Vor Corona hatten wir auch oft Schulklassen zu kleineren Arbeitseinsätzen vor Ort.
Ein Bestattungsort in einem natürlichen Wald hat aber auch ganz praktische Vorteile: Wo auf einem herkömmlichen Friedhof viel Arbeit anfällt, pflegt sich der Wald von selbst. Wir kümmern uns lediglich um die Wege oder beschneiden Äste, die drohen herabzustürzen.
Karl-Otto Eckartsberg (*1949) ist Lehrer a.D., Vizepräsident des HVD Niedersachsen und seit zehn Jahren Vorsitzender des Ortsverbandes Garbsen. Seit 2014 leitet er das Projekt „Waldbestattungshain Leineaue“.
In Deutschland zeigte sich zum Ende des 19. Jahrhunderts eine Wende hin zur Feuerbestattung – eine neue Form, die auch stark von der Freidenkerbewegung mitgetragen wurde. Könnten Humanist*innen mit ökologisch nachhaltigen Waldfriedhöfen einen vergleichbaren Wandel in der Bestattungskultur einleiten?
Ja durchaus! Wir knüpfen auch an diese Tradition an. Auf einer zentralen Stele in der Mitte des Waldes ist eine große Feuerschale zu sehen: das Symbol der Freidenker. Wie sie wollen wir eine neue, zeitgemäße Form der Bestattung schaffen. Mit dem Konzept Bestattungshain verbinden wir Umweltschutz und Naturbewusstsein mit einem Erinnerungsort. Im Prinzip ist ein Bestattungshain zunächst einmal ein Wald – aber mit der Zusatzfunktion, dass sich hier Menschen beerdigen lassen können.
Wie wird das Angebot angenommen?
Wir haben bereits viele Reservierungen. Besonders aus der näheren Umgebung, aber auch von weiter her. Die Menschen kommen zu uns, suchen sich einen Baum aus und sprechen dabei über die Zukunft und oft den nahenden Tod. Vor kurzem kam eine Familie und als sie einen Baum gefunden hatten, sagte der Enkel: „Das ist aber ein schöner Baum, Oma. Da komme ich dich oft besuchen.“