Die Beseitigung des kirchlichen Einflusses auf die Schule wurde bereits vor der Novemberrevolution nicht nur von freidenkerischen Organisationen, sondern auch von Lehrerverbänden und dem liberalen Bürgertum gefordert. Die SPD ging in ihrem Parteiprogramm noch weiter und forderte die weltliche Schule. Damit verbunden war die Hoffnung auf eine grundlegende Reform des Schulwesens und das Ende der Pauk- und Prügelpädagogik. Mit der Novemberrevolution schien der Zeitpunkt gekommen, dies durchzusetzen. Vor dem Hintergrund der zwischen SPD und USPD vereinbarten Parität übernahm der USPD-Politiker Adolph Hoffmann, gemeinsam mit Konrad Haenisch von der SPD, am 12. November 1918 das preußische Kultusministerium.
Wie kein anderer war Hoffmann mit seiner Vita prädestiniert, die Trennung von Schule und Kirche voranzutreiben. Er gehörte zu den führenden Köpfen der freidenkerischen Bewegung, u.a. war er seit 1873 in der Berliner freireligiösen Gemeinde aktiv. Seine religionskritische Schrift „Die zehn Gebote und die besitzende Klasse“ hatte eine riesige Auflage erreicht. Er hatte Prozesse gegen das preußische Kultusministerium geführt, um die Befreiung seiner Kinder vom Religionsunterricht zu erreichen.
Hoffman war als preußischer Kultusminister bereit, die ihm durch die Novemberevolution zugefallene Macht zu nutzen, um grundlegende Veränderungen im Verhältnis zwischen Kirche und Staat durchzusetzen. Jedoch zeigte sich schnell, dass Macht und Einfluss der konservativen und klerikalen Kräfte viel stärker waren, als es in der revolutionären Situation des Novembers 1918 den Anschein hatte. Dies und die unterschiedliche Herangehensweise seines SPD-Kollegen Haenisch, der ebenfalls Freidenker war, führten bald zum Scheitern des Versuchs, den kirchlichen Einfluss aus der Schule zu beseitigen.
Das preußische Volksschulunterhaltungsgesetz von 1906 hatte den konfessionellen Charakter der Volksschule festgeschrieben. Vor allem in den ländlichen Gebieten lag die Schulaufsicht in der Hand der Kirchen. So war u.a. der Ortsgeistliche qua Amt nicht nur Mitglied, sondern auch in der Regel der Vorsitzende des Schulvorstands. Der Religionsunterricht war mit bis zu vier Wochenstunden eines der Hauptfächer und Prüfungsfach.
So gingen Hoffmann und Haenisch, zunächst noch gemeinsam handelnd, daran, kirchliche Privilegien zu beseitigen. Schnell verfügten sie die Freiwilligkeit des Religionsunterrichts für Schüler*innen und Lehrer*innen sowie das Ende der geistlichen Schulaufsicht. Ihre Erlasse sahen nicht vor, den Religionsunterricht aus der Schule verbannen, sondern nur religiöse Handlungen wie Schulgebete etc. Weitergehende Eingriffe, wie etwa die Einführung der weltlichen Schule unterließen sie. Ihr Handeln ging nicht über Forderungen hinaus, wie sie beispielsweise auch der Deutsche Lehrerverein erhoben hatte. Im Namen der Revolution vollzogen sie längst überfällige Reformen, wie das auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen bereits geschehen war.
Dennoch erhob sich nunmehr ein wahrer Proteststurm. Die ohnehin sehr unwillige Schulverwaltung machte den Anfang. Ungeachtet der revolutionären Umwälzungen, die stattgefunden hatten, wies das brandenburgische Provinzialschulkollegium darauf hin, dass diese Anordnungen der geltenden Gesetzeslage widersprächen. Auch die Direktoren der höheren Schulen in Berlin und der Provinz Brandenburg protestierten heftig. Schließlich teilten Regierungsbeamte aus dem Rheinland und aus den damals noch preußischen Provinzen Posen und Oberschlesien mit, dass das Vorgehen des Kultusministeriums die dortigen separatistischen Tendenzen begünstige und somit die Einheit des Reiches gefährde.
An der Spitze der Protestbewegung stand jedoch die katholische Kirche. Der Kardinalstaatssekretär des Vatikans, Pietro Gasparri, hatte in einem Schreiben an den Erzbischof von Köln die deutschen Bischöfe darin bestärkt, „sich kraftvoll zum Schutze der bedrohten Rechte [zu] erheben und für die Aufrechterhaltung einer Volksschule ein[zu]treten, die zum Grundpfeiler den Religionsunterricht hat“. Entsprechend intervenierten die katholischen Bischöfe nunmehr massiv, und zwar nicht nur in Preußen, sondern reichsweit. In diversen Protestschreiben und Hirtenbriefen vertraten sie einen kompromisslosen Standpunkt, der auf die Erhaltung ihrer bisherigen Privilegien zielte.
Evangelische Gremien waren etwas moderater im Ton, verwahrten sich aber ähnlich wie die staatlichen Verwaltungen dagegen, dass „auf Gesetzen beruhende Zustände durch andere als gesetzliche Anordnungen, insbesondere durch Verfügungen einer vorläufigen Regierung, abgeändert werden“.
Obwohl es den Großkirchen bei ihrem Kampf um die christliche Schule eher darum ging, einen drohenden Machtverlust zu verhindern, gelang es ihnen, eine große Zahl von Gläubigen für dieses Ziel zu mobilisieren. Die Argumentation, dass die Abschaffung des Religionsunterrichts als Pflichtfach die Religionsfreiheit bedrohe, verfing bei vielen Gläubigen. Sie hielten es offenkundig für ihr gutes Recht, dass die staatliche Schule die Kinder in ihrem konfessionellen Sinn zu erziehen habe.
Haenisch, der aufgrund einer Erkrankung Hoffmanns seit dem 10. Dezember 1918 die Amtsgeschäfte alleine führte, geriet ob dieses heftigen Gegenwinds in ein Dilemma. Im Prinzip teilte er die Auffassungen Hoffmanns, aufgrund des massiven Widerstands lenkte er aber ein. Wohl auch unter dem Druck seiner Partei, die angesichts der offenkundig recht erfolgreichen Kampagne der Kirchen Stimmenverluste bei den bevorstehenden Wahlen zur Nationalversammlung fürchtete. Er vertrat nunmehr die sozialdemokratische Haltung, die Entscheidungen über die innere Struktur der zu schaffenden neuen Staatsform demokratisch legitimierten Gremien zu überlassen. Dadurch konnte er sich der vorgetragenen Argumentation hinsichtlich der fragwürdigen Rechtsgrundlage der getroffenen Maßnahmen nicht entziehen. Hoffmann dagegen hatte die revolutionäre Gunst der Stunde nutzen wollen, um möglichst viele unumkehrbare Tatsachen zu schaffen.
Nachdem die USPD am 3. Januar 1919 ihre Minister aus der Regierung zurückgezogen hatte, bemühte sich die nunmehr allein von der SPD gestellte preußische Regierung, das Verhältnis zu den Kirchen zu entspannen. Alle unter Mitwirkung von Hoffmann verabschiedeten Erlasse wurden eingeschränkt oder außer Kraft gesetzt, den Kirchen versichert, dass die endgültige Regelung dieser Fragen der Nationalversammlung vorbehalten blieb.
In der Nationalversammlung ließ sich die SPD auf einen Kompromiss mit der katholischen Zentrumspartei ein, der letztlich jeden Versuch, das Schulwesen zu entkonfessionalisieren zunichtemachte. Die bestehende Rechtslage wurde bis zum Erlass eines Reichsschulgesetzes festgeschrieben. Ein solches Gesetz kam jedoch angesichts der völlig konträren Auffassungen der Parteien in der Schulpolitik nie zustande. Mit der verfassungsrechtlich abgesicherten Bewahrung der vorrevolutionären Rechtslage blieb das preußische Volkschulunterhaltungsgesetz von 1906 in Kraft. Damit blieb dort – und das betraf zwei Drittel des Deutschen Reiches – nicht nur der Religionsunterricht ordentliches Lehrfach, sondern auch die Zusammensetzung der Schuldeputationen unverändert. Letztlich durchgesetzt werden konnte nur die Befreiung von der Erteilung bzw. Teilnahme am Religionsunterricht. Auch das Vorhaben, zumindest für die große Anzahl der in den Hochburgen der Arbeiterbewegung vom Religionsunterricht abgemeldeten Kinder, weltliche Schulen einzurichten, gelang im Verlauf der Weimarer Republik nur gegen erhebliche Widerstände aus Kirchen und bürgerlichen Parteien.