Es ist mir eine große Ehre, heute hier zu sein. Das Center for Reproductive Rights möchte seine Solidarität mit den Menschen und Organisationen in Deutschland zum Ausdruck bringen, die die Regierung dazu auffordern, sexuelle und reproduktive Rechte und Gerechtigkeit für alle zu garantieren.
Sexuelle und reproduktive Rechte sind grundlegende Menschenrechte. Die europäischen Regierungen müssen sicherstellen, dass jede*r diese Rechte uneingeschränkt ausüben kann. Wir wollen eine Welt schaffen, in der jeder Mensch frei entscheiden kann, ob und wann er Kinder bekommt, in der jede*r Zugang zu einer qualitativ hochwertigen reproduktiven Gesundheitsversorgung hat und in der jeder Mensch diese Entscheidungen frei von Stigmatisierung, Zwang oder Diskriminierung treffen kann.
In unserer Arbeit erleben wir täglich, welchen schweren Schaden Gesetze, die die Entscheidungsfindung in der Schwangerschaft einschränken, der Gesundheit und dem Leben der Menschen zufügen können. Gleichzeitig sind wir auch Zeug*innen, welche transformativen sozialen Auswirkungen fortschrittliche und liberalisierende Gesetze bereits gebracht haben.
Seit mehr als 60 Jahren führt Europa den globalen Trend zur Liberalisierung der Abtreibungsgesetze an. Von 47 europäischen Ländern haben 41 eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen durchgesetzt. Und dieser Trend zur Liberalisierung setzt sich fort. In den letzten zwei Jahren haben mehrere europäische Länder wichtige Liberalisierungsreformen beschlossen, die die sexuelle und reproduktive Autonomie und Selbstbestimmung der Menschen fördern.
Dazu gehört Belgien, das sein Abtreibungsgesetz im vergangenen Jahr reformiert hat: Es hat die entsprechende Regelung zum Schwangerschaftsabbruch aus seinem Strafgesetzbuch gestrichen und es hat für die Entkriminalisierung der Werbung beziehungsweise der öffentlichen Verbreitung von evidenzbasierten Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen gesorgt.
Anfang dieses Jahres ist Island dem Antrag gefolgt, Schwangerschaftsabbrüche bis zur 22. Schwangerschaftswoche zu legalisieren. Und Nordmazedonien hat die Verpflichtung einer dreitägigen Wartezeit vor einem Schwangerschaftsabbruch sowie einseitige Beratungspflichten aus seinem Gesetz gestrichen.
Gleichzeitig ist uns bewusst, dass Kräfte, die sich gegen sexuelle und reproduktive Rechte stellen, bestrebt sind, einen progressiven Wandel zu verhindern. Sie wollen uns zurückdrängen. Sie wollen die Uhr zurückdrehen und den Menschen die Möglichkeit nehmen, selbstständig Entscheidungen über ihre Schwangerschaft und über ihr Leben zu treffen.
So sind beispielsweise in der Slowakei, meinem Heimatland, derzeit vier restriktive Abtreibungsgesetze im Parlament anhängig. Zwei davon haben das Ziel, die Frist für Schwangerschaftsabbrüche auf sieben beziehungsweise acht Wochen zu verkürzen. Dies würde den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen praktisch unmöglich machen. Einer der Anträge zielt darauf, Schwangerschaftsabbrüche ganz zu verbieten. Ein weiteres Ziel ist es, Patient*innen mit medizinisch ungenauen und voreingenommenen Informationen bezüglich eines Schwangerschaftsabbruchs zu versorgen.
Wir müssen zusammenarbeiten, um gegen diese Art von Menschenrechtsverletzungen standzuhalten. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich die Agenden durchsetzen, die sich gegen die Rechte und die Gleichheit von Menschen wenden. Wir müssen unsere Regierungen zur Verantwortung ziehen und sie auffordern, sexuelle und reproduktive Rechte zu schützen und Schwangerschaftsabbruch zu einem integrierten legitimen Bestandteil der reproduktiven Gesundheitsversorgung zu machen.
Wir müssen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass jede*r in unseren Gesellschaften die eigenen sexuellen und reproduktiven Rechte und die eigene Autonomie frei von Stigmatisierung, Zwang und Diskriminierung ausüben kann.
Vielen Dank!
Das Center for Reproductive Rights ist eine internationale Nichtregierungsorganisation, die die Kraft des Gesetzes nutzt, um reproduktive Rechte als grundlegende Menschenrechte auf der ganzen Welt zu fördern. Das Zentrum arbeitet mit lokalen und internationalen Partnerorganisationen in Afrika, Asien, Europa, Lateinamerika und den Vereinigten Staaten zusammen. Dabei geht es um ein breites Spektrum an Fragen der reproduktiven Rechte, einschließlich des Zugangs zu Schwangerschaftsabbruch, Verhütung und Mutterschaftsfürsorge. Das Center setzt sich zudem für die Beendigung von Zwangssterilisation und Kinderehe ein.
Mehr Informationen unter: https://reproductiverights.org