Ein persönliches Plädoyer für Würde, Freiheit und Frieden

10. Dezember: Mein Geburtstag und der Tag der Menschenrechte

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Beitragsbild: Sunguk Kim/unsplash

Der Internationale Tag der Menschenrechte am 10. Dezember erinnert an die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 1948 – ein historisches Dokument, das die Würde, Freiheit und Gleichheit aller Menschen betont.

Heu­te ist mein Geburts­tag – ein Tag, an dem ich inne­hal­te, nach­den­ke und Wün­sche for­mu­lie­re. Doch mein größ­ter Wunsch ist nicht mate­ri­el­ler Natur. Ich wün­sche mir, dass Men­schen ohne Beschnei­dung ihrer Rech­te in Frie­den leben kön­nen. Pas­sen­der­wei­se ist der 10. Dezem­ber auch der Inter­na­tio­na­le Tag der Men­schen­rech­te. Die­ser Tag erin­nert an die Ver­ab­schie­dung der All­ge­mei­nen Erklä­rung der Men­schen­rech­te 1948 – ein his­to­ri­sches Doku­ment, das die Wür­de, Frei­heit und Gleich­heit aller Men­schen betont.

Doch wenn ich die aktu­el­len Nach­rich­ten sehe, fra­ge ich mich, wie viel von die­ser Visi­on übrig­ge­blie­ben ist. Men­schen­rech­te wer­den welt­weit mit Füßen getre­ten. In der Euro­päi­schen Uni­on, die sich als Wer­te­ge­mein­schaft ver­steht, erle­ben wir, wie das Asyl­recht aus­ge­höhlt wird. Men­schen wer­den in Tran­sit­zo­nen fest­ge­hal­ten, ohne offi­zi­ell ein­ge­reist zu sein – eine Pra­xis, die wie eine Mas­sen­in­haf­tie­rung wirkt.

In vie­len Tei­len der Welt ist die Lage noch düs­te­rer. Frau­en wer­den in Afgha­ni­stan von Bil­dung aus­ge­schlos­sen, in Iran für das Able­gen des Kopf­tuchs ver­folgt, und in Ugan­da bedroht die Todes­stra­fe que­e­re Men­schen in einer Wei­se, die mich sprach­los macht. Die­se Rück­schrit­te schmer­zen mich, denn ich glau­be an eine Welt, in der nie­mand auf­grund von Geschlecht, Sexua­li­tät, Her­kunft oder Über­zeu­gung ent­rech­tet wer­den soll­te.

Beson­ders rich­tet sich mein Blick auf Syri­en.

Die aktu­el­len Ereig­nis­se dort sind erschüt­ternd. Alep­po, einst eine blü­hen­de Metro­po­le, ist erneut Schau­platz hef­ti­ger Kämp­fe gewe­sen. Und der ehe­ma­li­ge Macht­ha­ber ist geflo­hen. Vie­le Syrer bli­cken trotz­dem mit gemisch­ten Gefüh­len auf die Grup­pe, die sich zwar von ihrer frü­he­ren Zuge­hö­rig­keit zu Al-Kai­da distan­ziert hat, aber wei­ter­hin Berich­te über Fol­ter und Unter­drü­ckung poli­ti­scher Geg­ner nach sich zieht.

Der Kon­flikt ist so viel­schich­tig wie das Land selbst. Kann es in Syri­en Frie­den geben? Mei­ne Hoff­nung ist das, doch der Rea­lis­mus drängt sich dazwi­schen. Wenn Macht und Kon­trol­le im Vor­der­grund ste­hen, blei­ben Men­schen­rech­te oft auf der Stre­cke.

Trotz­dem hof­fe ich. Hoff­nung bedeu­tet, dar­an zu glau­ben, dass die Men­schen, die unter den Bom­ben und in den Lagern leben, eines Tages in Frie­den zurück­keh­ren kön­nen. Es ist ein Wunsch, der mich an mei­nem Geburts­tag beglei­tet. Mein Geschenk an die Welt wäre, dass nie­mand mehr flie­hen muss, weil er Kur­de, Christ, Mus­lim oder ein­fach nur Mensch ist.

Doch es sind nicht nur die­se fer­nen Kri­sen. Selbst in Euro­pa, das sich als Hort der Demo­kra­tie ver­steht, zeigt sich eine gefähr­li­che Ent­wick­lung. Demons­tra­tio­nen wer­den zuneh­mend unter­drückt – Ver­samm­lungs­ver­bo­te, einst die Aus­nah­me, wer­den zur Regel. Die Erin­ne­run­gen an die Pan­de­mie, als Grund­rech­te wie die Ver­samm­lungs­frei­heit ein­ge­schränkt wur­den, schei­nen nach­zu­wir­ken.

Und dann ist da noch die Kli­ma­kri­se. Der jüngs­te UN-Kli­ma­gip­fel (COP29) hat wie­der gezeigt, wie untrenn­bar Men­schen­rech­te und Umwelt­schutz mit­ein­an­der ver­bun­den sind. Der Kli­ma­wan­del trifft vor allem die Schwächs­ten – jene, die kaum Ein­fluss dar­auf haben, wie die Welt­wirt­schaft funk­tio­niert. Doch statt die Nut­zung fos­si­ler Brenn­stof­fe zu been­den, hal­ten vie­le Staa­ten an ihnen fest. Ich fra­ge mich: Wie kön­nen wir von Men­schen­rech­ten spre­chen, wenn das Recht auf eine lebens­wer­te Umwelt ver­wei­gert wird?

Viel­leicht ist es naiv, aber an mei­nem Geburts­tag will ich mir die­se Nai­vi­tät erlau­ben. Denn ohne Hoff­nung gibt es kei­nen Fort­schritt. Und ohne den Glau­ben an die Men­schen­rech­te blei­ben sie ein blo­ßes Ide­al.

Mein Geburts­tag ist nor­ma­ler­wei­se ein Tag der Freu­de. Doch heu­te ver­spü­re ich den Drang, mehr zu tun, als nur Ker­zen aus­zu­pus­ten und Wün­sche zu for­mu­lie­ren. Ich möch­te dar­an erin­nern, dass Men­schen­rech­te nicht ver­han­del­bar sind. Sie sind kein Pri­vi­leg, das Regie­run­gen nach Belie­ben ent­zie­hen kön­nen. Sie sind uni­ver­sell.

Mein Wunsch an die­sem Tag ist es, dass wir alle lau­ter wer­den. Dass wir nicht schwei­gen, wenn Unrecht geschieht – sei es an den Außen­gren­zen Euro­pas, in Gaza, Afgha­ni­stan oder hier bei uns. Die Men­schen­rech­te gehö­ren uns allen. Sie zu schüt­zen, soll­te nicht nur Auf­ga­be der Regie­run­gen sein, son­dern unse­re gemein­sa­me Ver­ant­wor­tung.

„Genug ist nicht genug,
ich lass mich nicht belü­gen.
Schon Schwei­gen ist Betrug,
genug kann nie genü­gen“,
sang ges­tern Abend Kon­stan­tin Wecker in sei­nem Kon­zert in der Alten Oper Frank­furt.

Ich weiß, dass weder mei­ne Stim­me noch sei­ne Stim­me allein die Welt ver­än­dern wer­den. Aber wenn ich an mei­nem Geburts­tag einen Wunsch frei habe, dann ist es die­ser: Möge es mehr Men­schen geben, die die Welt lau­ter, gerech­ter und mit­füh­len­der machen.

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