Die Einschränkungen aufgrund der sich ausbreitenden SARS-CoV‑2 Pandemie wirkten sich in den vergangenen Monaten zwangsläufig auch auf die Durchführung von Lebensfeiern aus. Die Jugendfeiern im Frühjahr mussten in NRW komplett abgesagt werden. Einige werden vielleicht im Herbst nachgeholt werden, andere erst im nächsten Jahr. Namensfeiern sind zumindest verschoben worden, bis es wieder die Möglichkeit geben wird, sich im kleinen Rahmen, mit Verwandten und Freunden zu treffen, um die jungen Menschen in der Gemeinschaft zu begrüßen. Sämtliche Hochzeitsfeiern sind auf das nächste Jahr verlegt worden oder nur in kleinem Rahmen im Standesamt statt. Viele Brautleute, die sich darauf gefreut haben, mit ihren Verwandten und Freunden den Tag gemeinsam zu feiern, sind verunsichert und warten oft bis zum letzten Moment, um ihr Fest abzusagen. Zum Teil, weil sie nicht wissen, ob die Location zur Verfügung steht oder aber, weil die Rückmeldungen der Gäste schleppend verlaufen.
Feiern unter diesen Bedingungen durchzuführen, ist schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Doch Menschen brauchen Feiern, gerade in Zeiten, in denen die Welt Kopf zu stehen scheint.
Lediglich Trauer- und Abschiedsfeiern konnten stattfinden – allerdings nur die Hälfte der sonst üblichen Feiern und auch nur in einem Rahmen, in dem Trauer nicht (aus-)gelebt werden kann. Die Anzahl der zugelassenen Trauergäste war auch in NRW beschränkt, wobei die Zahl von Stadt zu Stadt variierte. Mal waren es fünf, mal zehn, mal auch zwanzig. Oder die Zahl war nicht genau definiert, nur die nächsten Angehörigen durften teilnehmen. Die Hinterbliebenen mussten sich dann die Frage stellen, wer denn zu dieser Gruppe gehört – auch gute Freunde? Viele wollten Abschied nehmen, durften es aber nicht. Angehörigen wurde dann auch vorgeschlagen, doch einen Spaziergang in der Nähe der Trauerzeremonie zu machen, um wenigstens ein wenig dabei zu sein.
Abschiedsfeiern konnten in den ersten Wochen nur draußen stattfinden, oft ohne Musik, bei jedem Wetter, auch an regnerischen und windigen Tagen. Abstand musste gewahrt werden, niemand konnte gestützt oder in den Arm genommen werden, eine Hilflosigkeit, die intensiv zu spüren war. Gerade Anteilnahme hilft den Trauernden. Wenn man sich nicht in den Arm nehmen, keine Hände schütteln darf, dann ist das ziemlich steril, eine bedrückende Stimmung.
Für die Sprecher*innen des HVD-NRW war die Stimmung ebenso bedrückend. Keine Hausbesuche, um sich mit den Angehörigen über das Leben der Verstorbenen auszutauschen, sie näher kennen zu lernen, kein Händeschütteln zur Begrüßung, kein Kondolieren nach der Trauerfeier. Was tun?
Gerade bei den Abschiedsfeiern hat sich gezeigt, wie wichtig zwischenmenschlicher, körperlicher, Kontakt ist, auch wenn es nur das Reichen von Händen ist oder die kurze Berührung am Arm, um Trost zu spenden. Dies wieder zu lernen, wird eine der wichtigsten Aufgaben für die Zeit nach der Pandemie sein. Es darf nicht geschehen, dass aus Angst vor Infektionen, Nähe auf Dauer vermieden wird. Denn das führte dann fast zwangsläufig zu einer emotionalen Verarmung und Vereinsamung. Daran mitzuarbeiten, wird künftig eine der Aufgaben der Sprecher*innen des HVD sein.
Auch die Sprecher*innen des HVD-NRW waren darauf angewiesen, sich über Video- oder Telefonkonferenzen auszutauschen, für viele, wie auch mich, eine neue Erfahrung. Das Unbehagen keine Hausbesuche durchzuführen, Angehörigen nicht kondolieren zu können, war greifbar zu spüren. Alle sind über jede Erleichterung dankbar.
Nach den ersten Lockerungen war die Irritation sehr groß, dass die Wiederöffnung der Trauerhallen nicht dazugehörte. Erst nach einer Intervention waren die zuständigen Ämter bereit, die Hallen nach und nach wieder dem Publikum zur Verfügung zu stellen, natürlich unter Beachtung aller Hygienebestimmungen. Manchmal waren diese Bestimmungen allerdings ein wenig grotesk. So sollten die Sprecher*innen während ihrer Rede einen Mund-Nasenschutz tragen – das wäre ungefähr so, als würde ein Chirurg auf das Skalpell verzichten müssen.
Restaurants, Fitnessstudios, Autohäuser konnten also bereits wieder öffnen, die Trauerhallen teils erst viel später. Während auf kirchlichen Friedhöfen längst die Kapellen öffneten, waren die Trauerhallen auf den kommunalen Friedhöfen geschlossen. Ein trauriges Beispiel war die Stadt Lünen: Die Trauerhallen öffneten hier erst wieder am 15. Juni, zur gleichen Zeit wie Spaßbäder und Wellnessoasen.
Erst in der Krise zeigt sich, wie wichtig eigentlich selbstverständliche Lebensfeiern sind. Es gilt Schlüsse zu ziehen, wie in Zukunft gewährgeleistet werden kann, dass Lebensfeiern weiter durchgeführt werden können. Es gilt, Ideen für Alternativen zu entwickeln. Erste Angebote von Trauerfeiern auf Video oder mit Videoübertragung gibt es schon. Ob darin die Lösung für die Zukunft liegt, ist allerdings eher zweifelhaft. Eine Aufgabe, der wir uns als Humanist*innen besonders stellen werden!