53 Prozent der britischen Bevölkerung haben sich in einer kürzlich erhobenen Umfrage als nicht-religiös bezeichnet. Bei den 18- bis 24-Jährigen liegt diese Zahl sogar bei 68 Prozent. Trotzdem ist die Religion im britischen Bildungssystem weiterhin in vielfältiger Weise privilegiert. Etwa ein Drittel der staatlich finanzierten Schulen in England und Wales sind „Schulen mit religiöser Prägung“, sogenannte Faith Schools. Ihre Zahl ist in den letzten Jahren weiter gestiegen. Diese Schulen sind gesetzlich berechtigt, Religion aus ihrer eigenen Perspektive zu unterrichten und – obwohl sie aus öffentlichen Mitteln finanziert werden – Kinder und Lehrende mit religiösem Hintergrund bevorzugt aufzunehmen. Hinzu kommen religiöse Ausnahmeregelungen für den Sexualkundeunterricht: Faith Schools können diesen Unterricht nutzen, um ihre religiösen Lehren hinsichtlich LGBT-Menschen, Frauen, Schwangerschaftsabbruch und Verhütung zu befördern, statt den Schüler*innen umfassende und faktenbasierte Informationen zu vermitteln.
Weltliche Schulen, also Schulen ohne religiöse Prägung, sind gesetzlich dazu verpflichtet, objektiven Unterricht über Religion und Glauben, einschließlich Humanismus, zu erteilen. Doch nicht-religiöse oder humanistische Perspektiven werden dort oft vernachlässigt. Darüber hinaus wird im Vereinigten Königreich von allen staatlichen Schulen, auch von denen ohne religiöse Prägung, erwartet, dass sie täglich einen gemeinsamen, christlichen Gottesdienst abhalten. An den Faith Schools gibt es noch weit weniger Beschränkungen für religiöse Inhalte als im staatlichen Schulsystem; an einigen von ihnen wird noch immer Kreationismus unterrichtet. Und es gibt rechtliche Schlupflöcher, die es ermöglichen, dass private Einrichtungen mit einem extrem engen religiösen Lehrplan nicht als Schule anmelden zu müssen. Auf diese Weise können sie nicht inspiziert oder geschlossen werden, selbst wenn sie keine säkulare Bildung anbieten oder kein sicheres Lernumfeld bieten.
Kinder haben gemäß der UN-Kinderrechtskonvention das Recht auf ihre eigene Religions- und Glaubensfreiheit; ein Recht, das durch viele veraltete Bildungsgesetze untergraben wird. Um dieses Recht zu garantieren, muss das britische Schulsystem dringend reformiert werden. Vor diesem Hintergrund haben wir unser Manifest für inklusive Schulen verfasst.
Manifest für inklusive Schulen
Alle Kinder haben das Recht auf eine umfassende und ausgewogene Bildung. Diese Bildung sollte frei von religiöser Indoktrination sein und es den Kindern ermöglichen, selbst zu entscheiden, woran sie glauben. Gleichzeitig sollen sie mit anderen Kindern mit diversen Hintergründen lernen. Um dieser Vision näherzukommen, müssen wir dringend das Schulsystem in Großbritannien in den folgenden Punkten reformieren.
- 1) Offener Zugang: Staatlich finanzierte Schulen sollten für alle offen sein, unabhängig von Religion oder Weltanschauung. Schüler*innen mit unterschiedlichem Hintergrund sollten gemeinsam unterrichtet werden, frei von Diskriminierung.
- 2) Pluralistisches Ethos: Schulen sollten es vermeiden, eine bestimmte religiöse oder humanistische Perspektive zu fördern und allen Mitgliedern der Gesellschaft gleichermaßen und ohne Vorurteile begegnen.
- 3) Inklusive Zusammenkünfte: Verpflichtende Gottesdienste sollten durch Versammlungen ersetzt werden, die alle Kinder ungeachtet ihrer unterschiedlichen Glaubensvorstellungen bereichern.
- 4) Breiter, ausgewogener und objektiver Unterricht über Religionen und Humanismus: Der Lehrplan sollte eine Reihe von Religionen sowie Humanismus in ausgewogener, objektiver Weise abdecken. Der Humanismus sollte gleichberechtigt mit den großen Religionen einbezogen werden.
- 5) Umfassende, korrekte und altersgemäße Aufklärung: Alle Kinder sollten umfassende, sachlich korrekte und altersgemäßen Sexualkunde- und Aufklärungsunterricht erhalten, der auch LGBT-inklusiv ist. Es sollte keine glaubensbedingten Ausnahmen oder ein elterliches Rücktrittsrecht geben.
- 6) Sichere Räume: Alle privaten Einrichtungen, die Vollzeitunterricht anbieten, sollten registriert sein. Sie sollten einen breiten und ausgewogenen Lehrplan haben und ein sicheres, sauberes Umfeld für die Schüler*innen bieten und ebenso inspiziert werden wie staatliche Schulen.
- 7) Faire Beschäftigung: Es sollte keine religiöse Diskriminierung bei der Beschäftigung von Lehrkräften oder sonstigem Personal geben.
Die Übersetzung aus dem Englischen stammt von Till Eichenauer. Das englische Original des „Manifesto for Inclusive Schools“ ist auf der Webseite der Humanists UK zu finden unter: humanism.org.uk.