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Kampagne EINE_R VON UNS

Digitale Kanäle und soziale Medien: „Wir wollen zeigen, dass Humanismus konkret und greifbar ist“

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Aufnahmen für die Kampagne EINE_R VON UNS
Aufnahmen für die Kampagne EINE_R VON UNS

Beitragsbild: Konstantin Börner

Seit Anfang des Jahres 2019 läuft die Kampagne EINE_R VON UNS des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg. Von Beginn an hat das Team des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit dazu stark auf digitale Kanäle und soziale Medien gesetzt. Welche Chancen bringen Facebook, YouTube und Co. für eine Organisation wie den Humanistischen Verband? Wie geht man als Verband mit Trollen und Shitstorms um? Sabrina Banze berichtet von der medialen Gestaltung der Kampagne, von positiven wie negativen Erfahrungen mit den sozialen Medien und hilfreichen Strategien.

Sabrina, wie ist eure Kampagne konzipiert?  Wie seid ihr an die Medienauswahl herangegangen?

Ins­ge­samt hat­ten wir den Wunsch, mehr Geschich­ten zu erzäh­len, näher zu den Leu­ten zu kom­men. Uns war rela­tiv schnell klar, dass wir Men­schen aus dem Ver­band vor­stel­len möch­ten – und dass wir sie selbst erzäh­len las­sen wol­len. Wir woll­ten den Ver­band in sei­ner Viel­falt dar­stel­len, d.h. wir brauch­ten Frau­en und Män­ner, Berliner*innen und Brandenburger*innen, Jun­ge und Alte, Haupt­amt­li­che und Ehren­amt­li­che.

Unse­re Kam­pa­gne soll­te zudem cross­me­di­al funk­tio­nie­ren, die Men­schen sowohl im Netz als auch in ihrem rea­len All­tag errei­chen. Es stand von Anfang an fest, dass wir dafür beweg­te Bil­der brau­chen und dass wir die sozia­len Medi­en stark nut­zen wol­len. Vie­les ist danach gewach­sen – es sind immer mehr Ideen dazu­ge­kom­men.

Welche Ziele hat die Kampagne, was wollt ihr damit vermitteln?

Wir wol­len zei­gen, dass Huma­nis­mus kon­kret und greif­bar ist. Sicht­bar machen, was für die Men­schen bei uns Huma­nis­mus bedeu­tet und wie das kon­kret in ihrem All­tag aus­sieht. Denn Huma­nis­mus ist deut­lich mehr als eine ver­kopf­te Theo­rie. Wenn man die Leu­te erzäh­len lässt, was sie machen und was ihnen wich­tig ist, wel­che Wer­te sie ver­tre­ten, dann wird rela­tiv schnell klar, wie all­täg­lich und prak­tisch Huma­nis­mus ist. Des­halb erzäh­len wir auch kei­ne abge­schlos­se­ne Geschich­te, wir kura­tie­ren viel mehr die Geschich­ten, die Thea, Richard, Kari­na und die ande­ren zu erzäh­len haben.  Wir errei­chen – zum Bei­spiel über die sozia­len Netz­wer­ke – auf die­se Wei­se sehr nied­rig­schwel­lig Men­schen, die uns noch gar nicht ken­nen. Und vie­le erken­nen sich und ihren All­tag dar­in wie­der, sie leben näm­lich nach huma­nis­ti­schen Wer­ten, ohne sich das vor Augen zu füh­ren.

Sabrina Banze

Sabri­na Ban­ze ist Teil des Refe­rats Pres­se- und Öffent­lich­keits­ar­beit des Huma­nis­ti­schen Ver­ban­des Ber­lin-Bran­den­burg. Gemein­sam mit ihrem Team, Tho­mas Hum­mitzsch und Jose­fi­ne Löser, hat sie die Kam­pa­gne EINE_R VON UNS kon­zi­piert.

Eure Kampagne ist sehr vielfältig und bezieht jede Menge Medien ein: Kino, YouTube, Facebook, Webseite, Plakate, Postkarten … Wo und wie bekommt ihr das meiste Feedback?

Wir mer­ken die Wir­kung vor allem in den sozia­len Medi­en und auf der Stra­ße, also da, wo wir den direk­ten Kon­takt mit Men­schen haben, ob das nun digi­tal oder ana­log ist. Natür­lich kommt auch die eine oder ande­re E‑Mail als Reak­ti­on, aber gera­de auf Social Media haben wir gemerkt, dass wir auf Kam­pa­gnen­state­ments wie „Hass bringt nichts“ oder „Es ist scheiß­egal, wen Du liebst“ mehr Reak­tio­nen bekom­men als auf glat­te Bei­trä­ge, an denen sich nie­mand reibt. Wir mer­ken, dass es kla­re, emo­tio­na­le Bot­schaf­ten sind, hin­ter denen sich Leu­te ver­sam­meln. Auf schwam­mi­ge Aus­sa­gen bekommt man kei­ne Reak­tio­nen.

Wie sind denn die Reaktionen, die ihr bekommt?

Tat­säch­lich bis­her fast aus­schließ­lich posi­tiv, die Bei­trä­ge wer­den viel geteilt. Unse­re noch über­schau­ba­ren Fol­lower-Zah­len bei Face­book und Twit­ter stei­gen lang­sam aber ste­tig, auch dank der Kam­pa­gne. Eini­ge Kam­pa­gnen­in­hal­te pola­ri­sie­ren durch­aus stark. „Gott hilft nicht“ zum Bei­spiel wird oft falsch ver­stan­den – als woll­ten wir sagen, dass Glau­ben nicht hilft. Dabei hilft vie­len Men­schen ihr Glau­be, das strei­ten wir gar nicht ab. Aber wir den­ken, dass es kei­ne über­na­tür­li­che Instanz gibt, die die Din­ge schon rich­ten wird. Die Men­schen müs­sen selbst tätig wer­den. Über sol­che Miss­ver­ständ­nis­se ent­ste­hen häu­fig span­nen­de Gesprä­che und Dis­kus­sio­nen.

Welche Vorteile haben soziale Medien bzw. Kanäle? Welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht?

Der ganz gro­ße Vor­teil ist, dass sozia­le Medi­en extrem nied­rig­schwel­lig sind! Sie bie­ten eine tol­le Mög­lich­keit, Men­schen zu errei­chen. Denn auf die eige­ne Web­site müs­sen die Leu­te erst ein­mal kom­men.  Es ist viel leich­ter, unse­ren Face­book-Kanal zu abon­nie­ren und zu schau­en: Was machen die? Wo sind die ver­tre­ten? Wofür ste­hen die? Man kann also sym­pa­thi­sie­ren, ohne sich direkt fest­le­gen zu müs­sen. Und das funk­tio­niert auch über Lan­des­gren­zen hin­aus. Wir bekom­men Nach­rich­ten nicht nur aus Ber­lin und Bran­den­burg, son­dern aus ganz Deutsch­land.

Potenziell muss man sich im Netz und in den sozialen Medien aber auch mit Negativem wie Hate Speech, Trollen und Fake News herumschlagen.

Klar, Trol­le, Shit­s­torms – das kann’s geben. Das hat­ten wir aller­dings in der Form erst ein­mal, mit Anhänger*innen der AfD. Es hat auch eini­ges an Zeit und Ner­ven gekos­tet, die Nega­tiv­be­wer­tung der AfD-Klick­ar­mee wie­der aus­zu­glei­chen. Ansons­ten gibt es natür­lich wie auch in der ech­ten Welt immer Leu­te und Posi­tio­nen, mit denen man sich aus­ein­an­der­set­zen muss. Ein deut­li­cher Unter­schied zur ech­ten Welt ist: Im Netz lesen vie­le Men­schen mit. Und auch die neh­men wahr, ob und wie wir auf kri­ti­sche Stim­men reagie­ren.

Ein Shitstorm kann also langfristig sogar etwas Positives bringen, wenn er eine starke Positionierung ermöglicht?

Ja, wir haben damals viel posi­ti­ves Feed­back bekom­men, weil wir uns dazu ent­schie­den hat­ten, ganz trans­pa­rent zu machen, war­um wir es nicht für rich­tig hiel­ten, die AfD wie jede ande­re Par­tei zu behan­deln und bei einer ver­bands­ei­ge­nen Ver­an­stal­tung dabei­zu­ha­ben. Wir haben gemerkt, die­se Trans­pa­renz wird hono­riert. Aber es kos­tet eben manch­mal auch Zeit und Ner­ven. Wir füh­ren nicht jede Dis­kus­si­on über Stun­den hin­weg. Wir ant­wor­ten zwei, drei, vier Mal. Und wenn wir mer­ken, es läuft sich tot, dann las­sen wir’s. Und wir wei­sen dar­auf hin, dass man bit­te auf unse­rer Sei­te nett zuein­an­der ist.

Ist es denn manchmal schwierig, nicht die Nerven zu verlieren, wenn jemand im Netz herumwütet oder hetzt, sich dann nicht im Tonfall zu vergreifen?

So sehr uns Hass und Het­ze auch manch­mal wütend machen: Es geht nie ohne Höf­lich­keit, aber das gilt ja auch für den pri­va­ten Umgang. Wenn man Men­schen, die einem wütend begeg­nen und einen anfein­den, auch wie­der mit Wut begeg­net, bekommt man eine Wut­spi­ra­le, einen Kreis­lauf, den kei­ner mehr auf­bre­chen kann. Das bringt gar nichts. Man­chen geht es nur dar­um Stunk zu machen, die sind dann sowie­so für kein Argu­ment offen. Und man tut sich selbst auch kei­nen Gefal­len damit.

Noch einmal zurück zu eurer Kampagne: Was würdest du sagen, was war bisher das Spannendste, das ihr aus den Rückmeldungen für euch mitgenommen habt?

Eine tol­le Erfah­rung sind die Reak­tio­nen, die man bekommt, wenn man mit kla­ren State­ments raus­geht und Hal­tung zeigt. Damit kön­nen sich die Leu­te dann iden­ti­fi­zie­ren – und wenn nicht, kön­nen sie dar­über dis­ku­tie­ren. Das ist, glau­be ich, was die Kam­pa­gne so trägt.

Die Kampagne

Mit EINE_R VON UNS stellt der Huma­nis­ti­sche Ver­band Ber­lin-Bran­den­burg Per­sön­lich­kei­ten vor, die sich für eine mensch­li­che­re Gesell­schaft stark­ma­chen. 25 Video­por­träts sind das Herz­stück der Kam­pa­gne. Dar­über hin­aus ist die Kam­pa­gne auch im Stadt­bild zu fin­den – etwa auf Pla­ka­ten, Auf­kle­bern oder Post­kar­ten. Mehr unter: www.einevonunswerden.de | www.einervonunswerden.de  

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