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Manfred Isemeyer im Gespräch

Das Gedächtnis der humanistischen Bewegung

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Beitragsbild: Rasa Kasparaviciene/unsplash

Seit Oktober 2018 arbeitet der Historische Arbeitskreis (HAK), der auf Wunsch von Präsidium und Vorstand des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg ins Leben gerufen wurde. Manfred Isemeyer koordiniert den HAK und erläutert, warum die Frage nach den Wurzeln für ihn persönlich sowie für den Verband wichtig ist. 

Seit Beginn der Moderne leben wir in einer Fortschrittsgesellschaft und Traditionen brechen auf. Warum treibt Sie die historische Forschungsarbeit um? 

Der His­to­ri­sche Arbeits­kreis ist so etwas wie das Gedächt­nis der huma­nis­ti­schen Bewe­gung. Er möch­te die Erin­ne­rung an das his­to­ri­sche Erbe des orga­ni­sier­ten Huma­nis­mus bewah­ren und wach­hal­ten. Im Lau­fe von 150 Jah­ren hat die Frei­den­ker­be­we­gung den poli­ti­schen und sozia­len Fort­schritt in unse­rem Land maß­geb­lich mit­ge­stal­tet. Das Wis­sen um die 115-jäh­ri­ge Geschich­te unse­res Ver­bands, um die Ver­gan­gen­heit von Frei­den­kern, Frei­re­li­giö­sen und huma­nis­ti­schen Orga­ni­sa­tio­nen, muss mei­ner Mei­nung nach Bestand­teil unse­rer huma­nis­ti­schen Iden­ti­tät sein, auf die wir stolz sein kön­nen.  

Viele Jahre haben Sie den Verband hauptamtlich als Vorstandsvorsitzender geleitet. 2014 sind Sie in den Ruhestand gegangen. Welche Zukunft hat ehrenamtliches Engagement und was macht ein Historischer Arbeitskreis konkret? 

Orga­ni­sa­tio­nen wie unse­re leben von der Betei­li­gung und dem Ein­satz ihrer Mit­glie­der, Förder_innen und Frei­wil­li­gen. Sie sind das Rück­grat des Ver­bands. Unse­rem Arbeits­kreis gehö­ren zehn fach­lich aus­ge­wie­se­ne Per­so­nen, Historiker_innen, Philosoph_innen und Politolog_innen an, die ehren­amt­lich tätig sind und die Gre­mi­en des Ver­bands in der Geschichts- und Erin­ne­rungs­po­li­tik bera­ten. The­ma­tisch haben wir uns unter ande­rem mit der Erar­bei­tung einer Chro­nik, mit Vor­la­gen für Gedenk- und Jah­res­ta­ge sowie der Kon­zep­ti­on für Stadt­füh­run­gen und ‑rund­fahr­ten „Huma­nis­mus in Ber­lin“ befasst. Wir haben For­ma­te zu 100 Jah­re welt­li­che Schu­le ange­regt und eige­ne Ver­an­stal­tun­gen bei­spiels­wei­se mit der Huma­nis­mus Stif­tung Ber­lin durch­ge­führt. 

Wie stehen Sie zu der These, die Hinwendung zur Vergangenheit und zu den Wurzeln als eine Reaktion auf oder gar Flucht vor der Beschleunigung der Moderne zu verstehen?

Mit der­ar­ti­gen The­sen einer Neu­ori­en­tie­rung der Geschichts­kul­tur kann ich nichts anfan­gen, eher beob­ach­te ich wach­sen­de Geschichts­ver­ges­sen­heit und rechts­kon­ser­va­ti­ve Deu­tungs­mus­ter. Wenn die­se zudem von der AfD kom­men, wird es brand­ge­fähr­lich, füh­ren sie doch zur Ver­harm­lo­sung des Natio­nal­so­zia­lis­mus und beför­dern Res­sen­ti­ments, Natio­na­lis­mus und Ras­sis­mus. Die wech­sel­vol­le Geschich­te der Frei­den­ker­be­we­gung ernst zu neh­men heißt, das Geden­ken dar­an leben­dig zu hal­ten. Die Rele­vanz unse­rer Erin­ne­rungs­kul­tur gilt es immer wie­der neu zu ent­de­cken und neu zu defi­nie­ren. „Die Geschich­te kennt kein letz­tes Wort“ hat Wil­ly Brandt ein­mal gesagt.

Man­fred Ise­mey­er war bis 2014 Vor­stands­vor­sit­zen­der des Huma­nis­ti­schen Ver­ban­des Ber­lin-Bran­den­burg und ist ehe­ma­li­ger Vor­stands­vor­sit­zen­der der Huma­nis­mus Stif­tung Ber­lin. Seit 2018 koor­di­niert er ehren­amt­lich den His­to­ri­schen Arbeits­kreis.

Der Bei­trag erschien zuerst im Maga­zin der Freund*innen des HUMANISMUS 1 | 2020. Wir dan­ken dem HVD Ber­lin-Bran­den­burg für die freund­li­che Geneh­mi­gung zur Zweit­ver­öf­fent­li­chung.

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