Damit die Welt der Menschen auf dem Planeten Erde nicht an ihrem eigenen Wachstum scheitert, sind kurzfristig zwei tiefgreifende Änderungen notwendig.
Erstens muss die Steigerung des produzierten ökonomischen Wertes, also die Akkumulation von Kapital, vom stofflichen Wachstum abgekoppelt werden. Dadurch könnten wir Wachstum neu bewerten. So könnte das Wachstum von Lebensqualität im Mittelpunkt stehen und nicht der höhere Verbrauch von Ressourcen.
Zweitens muss die extreme, globale Ungleichheit zwischen Arm und Reich – sowohl in Bezug auf Individuen, als auch in Bezug auf Gesellschaften – wirksam reduziert werden. Da das realistischerweise vor allem durch ein Reduzieren der Spitzeneinkommen (v.a. durch Besteuerung) zu erreichen ist, und damit einer deutlichen Reduzierung der besonders ökologisch belastenden Teile des menschlichen Konsums, hätte allein das bereits deutlich merkliche und nachhaltige Reduktionseffekte auf den ‚ökologischen Fußabdruck‘ der Menschheit.
Dies wird zwar nicht reichen, um die gegenwärtige ökologische Krise zu überwinden. Es könnte der Menschheit aber die erforderliche Zeit verschaffen, eine tiefergreifende und nachhaltig wirksame Veränderung anzugehen: die modernen Herrschaftsverhältnisse zu thematisieren und zu überwinden. Dass dies keineswegs leicht ist, haben wir im 20. Jahrhundert gesehen.
Was kann die humanistische Idee dazu beitragen? Wir stehen hier vor einer Paradoxie des praktischen Humanismus, da er als solcher über keine spezifische Theorie dieser modernen Herrschaftsverhältnisse verfügt – und auch nicht darüber verfügen kann, ohne sich dadurch etwa in einen Marxismus, einen radikalen Feminismus oder eine radikale Ökologie-Bewegung zu verwandeln. So steht er für das „Solange“ und nicht für den Kampf für wirklich nachhaltige Lösungen, durch Überwindung der strukturellen Herrschaftsverhältnisse. Seine Rolle wird dann jedoch sein, einzufordern und durchzusetzen, dass in den großen Transformationsprojekten die humanen Minima, wie sie seit 1945 in dem Menschenrechtsprozess der UNO artikuliert worden sind, nicht ‚unter die Räder‘ kommen.
An diesem Punkt sind wir heute noch lange nicht. Die großen Transformationen sind noch nicht im konkreten Horizont der Politik. Das bleibt noch zu erkämpfen, in einem schwierigen Prozess.
Solange das so ist, ist daher der praktische Humanismus von geradezu zentraler Bedeutung: Er ist eine breit getragene, gemeinsame Verteidigungslinie. Eine Front gegen alle Versuche, der Privilegierten, sich den Folgen der gegenwärtigen großen Krise zu entziehen. Der Humanismus muss sich gegen jeden Versuch stark machen, die Krisenlasten auf die Schwächeren abzuwälzen – die ‚Armen‘, die ‚Marginalen‘, die ‚Geflüchteten‘, die ‚Underdogs‘, die kommenden Generationen.
Was muss sich ändern in einer Welt, die an ihrem eigenen Wachstum zu scheitern droht? Und was kann die humanistische Idee dazu beitragen?
Drei streitbare Positionen zu Wirtschaft und Wachstum.