Suche
Editorial zum Newsletter 09|2024 des HVD – Bundesverbandes

Ein Appell an mich selbst und an uns alle

| von

Beitragsbild: Zachary Domes/unsplash

Lie­be Humanist*innen,
 
ich hof­fe, dass Sie nicht zu denen gehö­ren, die genervt sind. Genervt von einer wei­te­ren Äuße­rung zum The­ma Kli­ma­schutz. Ich ken­ne Men­schen, die davon nichts mehr hören wol­len, selbst wenn sie die Bedeu­tung des The­mas nicht leug­nen. Auch für uns Humanist*innen zäh­len Kli­ma­schutz- und Nach­hal­tig­keits­fra­gen nicht unbe­dingt zu unse­ren Kern- und Lieb­lings­the­men. Nicht umsonst hei­ßen huma­nis­ti­sche Ver­an­stal­tun­gen, die sich damit beschäf­ti­gen, dann so: „Why Huma­nists don’t care about cli­ma­te chan­ge“ (World Huma­nist Con­gress 2023, Kopen­ha­gen) oder „Und du so? Per­spek­ti­ven von Humanist*innen auf Kli­ma­wan­del und Kli­ma­ge­rech­tig­keit“ (Huma­nis­ti­scher Zukunfts­kon­gress zum Welthumanist*innentag 2024). Vie­le von uns fin­den das The­ma „irgend­wie wich­tig“, aber es fehlt an Fokus und Kraft, um hier ent­schie­de­ner gemein­sam vor­an­zu­schrei­ten. Wir sind nicht die Ein­zi­gen, die einer­seits die Not­wen­dig­keit sehen, einen viel grö­ße­ren Bei­trag zu leis­ten, und ande­rer­seits immer wie­der ver­drän­gen und ver­za­gen, viel­leicht auch flan­kiert von Inkon­se­quenz und Gefüh­len von Mut- und Macht­lo­sig­keit.

Klei­ner Schwenk zu mei­nem per­sön­li­chen Som­mer­er­leb­nis. Sze­ne 1: Ich habe in die­sem Som­mer­ur­laub in Süd­eu­ro­pa so vie­le Brän­de gese­hen wie noch nie zuvor. Bahn­stre­cken und Flug­hä­fen wur­den gesperrt, Lösch­flug­zeu­ge rotier­ten tage­wei­se über unse­ren Köp­fen, Men­schen wur­den eva­ku­iert. Sze­ne 2: Im Meer schwam­men soge­nann­te Feu­er­wür­mer (ein Mee­res­be­woh­ner, der ca. 30 cm lang ist und wie ein gro­ßer Tau­send­füß­ler aus­sieht), deren Popu­la­ti­on stark ange­stie­gen ist, was auf Hit­ze­wel­len der ver­gan­ge­nen Jah­re und auf die Erwär­mung des Mit­tel­meers zurück­ge­führt wird. Tags­über habe ich regel­mä­ßig 55 Grad und mehr in der Son­ne gemes­sen. Oft kam mir die­se Rei­se wie ein Blick in die Zukunft Nord­eu­ro­pas vor. Die Ein­drü­cke waren erschüt­ternd und auf­rüt­telnd zugleich und hel­fen mir – ein wei­te­res Mal –, die Lücke zwi­schen ratio­na­ler Erkennt­nis und eige­ner Inkon­se­quenz schlie­ßen zu wol­len.

Die­ses Edi­to­ri­al ist ein Appell. Ein Appell an mich selbst und an uns alle, (noch) mehr Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men. Ein Anschrei­ben gegen die Träg­heit, gegen den kli­ma­feind­li­chen Kon­sum, gegen die Ohn­machts­ge­füh­le. Und ein Rin­gen um klu­ge Stra­te­gien und mehr Ent­schie­den­heit im ver­band­li­chen Han­deln. Der Bun­des­vor­stand hat in sei­ner letz­ten Sit­zung ent­schie­den, Mit­glied in der Kli­ma-Alli­anz Deutsch­land wer­den zu wol­len, ein natio­na­les Kli­ma­bünd­nis, das für uns alle neue Netz­wer­ke und Know-how erschlie­ßen wird. Ein klei­ner ers­ter Schritt. Im Juli 2024 wur­de eine Arbeits­grup­pe gegrün­det, die sich mit Tier- und Kli­ma­ethik beschäf­tigt. Wir freu­en uns auch hier über Ver­stär­kung und Enga­ge­ment aus allen Lan­des­ver­bän­den.

Dar­über hin­aus gibt es vie­le wei­te­re kon­kre­te Din­ge, die wir gemein­sam ver­band­lich und indi­vi­du­ell anstren­gen und umset­zen kön­nen. Las­sen Sie uns Humanist*innen einen Unter­schied machen. Und las­sen Sie uns Teil des Wan­dels sein, den wir so drin­gend benö­ti­gen! Wir freu­en uns über jede Rück­mel­dung und Anre­gung zu die­sem The­ma.

Mit huma­nis­ti­schen Grü­ßen
Ihre Kat­rin Rac­zyn­ski

diesseits.de ver­öf­fent­licht das Edi­to­ri­al zum News­let­ter 09|2024 des Huma­nis­ti­schen Ver­ban­des Deutsch­lands – Bun­des­ver­band. Der monat­li­che News­let­ter kann hier abon­niert wer­den.

Inhalt teilen

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Meistgelesen

Ähnliche Beiträge

Freitagssalon_Humanismus-Naturalismus
Humanistischer Freitagssalon
Humanismus und Naturalismus am 27. September mit Julian Nida-Rümelin
Am Freitag, 27. September, um 18 Uhr spricht der Philosoph Julian Nida-Rümelin zum Thema Humanismus und Naturalismus. Der digitale Humanistische Freitagssalon steht allen Interessierten offen. Herzlich willkommen!
Beitrag lesen »
Menschenrechte
Zur deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik
Menschenrechte gelten nicht nur ab und zu!
Die bürgerlichen Parteien konnten einmal Demokratie. Jetzt laufen sie Gefahr, ihren Anspruch zu verlieren. Sie sollten die Menschenrechte noch einmal studieren. Menschenrechte gelten nicht nur ab und zu! Und die Menschenrechte gelten für alle! Man kann sich nicht aussuchen, für wen sie gelten sollen.
Beitrag lesen »
Jamel
Jamel rockt den Förster
Humanist*innen rocken gegen Rechts
Die diesjährige Ausgabe des Festivals „Jamel rockt den Förster“ hat am 30. und 31. August stattgefunden. Auch der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg war mit einem Infostand dabei.
Beitrag lesen »
rasa-kasparaviciene-cASFKmMkJ6E-unsplash
Manfred Isemeyer im Gespräch
Das Gedächtnis der humanistischen Bewegung
Seit Oktober 2018 arbeitet der Historische Arbeitskreis (HAK), der auf Wunsch von Präsidium und Vorstand des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg ins Leben gerufen wurde. Manfred Isemeyer koordiniert den HAK und erläutert, warum die Frage nach den Wurzeln für ihn persönlich sowie für den Verband wichtig ist. 
Beitrag lesen »
Nach oben scrollen