Am Montag, den 06.01.2025 fand auf dem Städtischen Friedhof Eisackstraße in Berlin-Schöneberg eine gemeinsame Gedenkveranstaltung von SPD und Humanistischem Verband Deutschlands für den sozialistischen und humanistischen Politiker und Visionär Eduard Bernstein aus Anlass von dessen 175. Geburtstag an seinem Ehrengrab statt. Unter den zahlreichen Gästen waren auch der Vorsitzende des Historischen Arbeitskreises des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg, Manfred Isemeyer, sowie von Seiten der SPD der Bundesschatzmeister und Bundestagsabgeordnete Dietmar Nietan sowie der Geschäftsführer der Berliner SPD, Sven Heinemann. Musikalisch eingerahmt wurde die Feier durch Isa Neuenfeldt.
Der Vorsitzende der Historischen Kommission der Berliner SPD, Dr. Heiner Wörmann, legte in seiner Rede den Schwerpunkt darauf, wie der Zeitgenosse von Marx und Engels und Mitbegründer der SPD schon recht früh einen Bruch mit den revolutionär-marxistischen Auffassungen vollzog und stattdessen die Strategie von Reformen im Rahmen eines demokratischen Staates vorschlug. Dies führte damals zu heftigen Konflikten mit seinen Mitstreitern wie August Bebel oder Wilhelm Liebknecht. In der Geschichtsschreibung ist dieser Konflikt unter dem Begriff des „Revisionismus-Streites“ bekannt. Langfristig sollte Bernstein mit seinem Reformansatz recht behalten, wie Wörmann betonte und dabei auf das Godesberger Programm der SPD von 1959 verwies, wo diese Strategie von Reform statt Revolution erstmals festgelegt wurde und seitdem die Politik der Partei bestimmt.
Dr. Bruno Osuch vom Humanistischen Verband Deutschlands legte in seiner Rede den Fokus auf das Verhältnis von Eduard Bernstein zu Religionen und Weltanschauungen. Bernstein, der 1850 in der damals noch selbständigen Gemeinde Schöneberg als 7. Kind eines Lokführers geboren wurde, wuchs in einem liberalen und reformjüdischen Umfeld auf. „Halb als Gläubiger, halb als Skeptiker“, wie Osuch den Beitrag der Jüdische Allgemeinen zum 75. Todestag von Bernstein im Dezember 2007 zitierte. Und das Skeptische in Bezug auf die Religion sollte obsiegen. So trat Bernstein mit 27 Jahren im Jahr 1877 aus der Jüdischen Gemeinde aus. Gleichwohl setzte er sich zeitlebens gegen jede Form des Antisemitismus, für den Schutz verfolgter Juden sowie für ein tolerantes Verhältnis zu allen Religionen und Weltanschauungen ein. Für das heutige Bestreben des Humanistischen Verbandes Deutschlands nach Einrichtung von humanistischer Seelsorge in staatlichen Einrichtungen gleichberechtigt zur christlichen Seelsorge von besonderer Bedeutung, so Osuch in seiner Rede, sei der Appell Bernsteins auf dem Bremer Parteitag der SPD von 1904 gewesen. Dort formulierte er geradezu visionär: „Gleiches Recht für die Anhänger aller religiösen und philosophischen Bekenntnisse“. Dieser Gedanke der Gleichbehandlung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sei zwar sowohl in die Weimarer Verfassung als auch in unser Grundgesetz eingegangen, sei aber bis heute nicht realisiert, wie Osuch hervorhob. Er schloss seine Rede daher mit dem Satz: „Es wird Zeit, das Vermächtnis des Demokraten, Sozialisten, Antimilitaristen und humanistischen Visionärs Eduard Bernstein endlich zu verwirklichen!“