Gedenkveranstaltung zum 175. Geburtstag

SPD und Humanistischer Verband Deutschlands gedenken dem sozialistischen und humanistischen Visionär Eduard Bernstein

| von
Manfred Isemeyer und Dr. Bruno Osuch vom Humanistischen Verband Deutschlands vor dem Ehrengrab von Eduard Bernstein

Beitragsbild: Konstantin Börner

Am 6. Januar 2025 jährte sich der Geburtstag von Eduard Bernstein zum 175. Mal. Es wird Zeit, das Vermächtnis des Demokraten, Sozialisten, Antimilitaristen und humanistischen Visionärs endlich zu verwirklichen.

Am Mon­tag, den 06.01.2025 fand auf dem Städ­ti­schen Fried­hof Eisack­stra­ße in Ber­lin-Schö­ne­berg eine gemein­sa­me Gedenk­ver­an­stal­tung von SPD und Huma­nis­ti­schem Ver­band Deutsch­lands für den sozia­lis­ti­schen und huma­nis­ti­schen Poli­ti­ker und Visio­när Edu­ard Bern­stein aus Anlass von des­sen 175. Geburts­tag an sei­nem Ehren­grab statt. Unter den zahl­rei­chen Gäs­ten waren auch der Vor­sit­zen­de des His­to­ri­schen Arbeits­krei­ses des Huma­nis­ti­schen Ver­ban­des Ber­lin-Bran­den­burg, Man­fred Ise­mey­er, sowie von Sei­ten der SPD der Bun­des­schatz­meis­ter und Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Diet­mar Nie­tan sowie der Geschäfts­füh­rer der Ber­li­ner SPD, Sven Hei­ne­mann. Musi­ka­lisch ein­ge­rahmt wur­de die Fei­er durch Isa Neu­en­feldt.

Der Vor­sit­zen­de der His­to­ri­schen Kom­mis­si­on der Ber­li­ner SPD, Dr. Hei­ner Wör­mann, leg­te in sei­ner Rede den Schwer­punkt dar­auf, wie der Zeit­ge­nos­se von Marx und Engels und Mit­be­grün­der der SPD schon recht früh einen Bruch mit den revo­lu­tio­när-mar­xis­ti­schen Auf­fas­sun­gen voll­zog und statt­des­sen die Stra­te­gie von Refor­men im Rah­men eines demo­kra­ti­schen Staa­tes vor­schlug. Dies führ­te damals zu hef­ti­gen Kon­flik­ten mit sei­nen Mit­strei­tern wie August Bebel oder Wil­helm Lieb­knecht. In der Geschichts­schrei­bung ist die­ser Kon­flikt unter dem Begriff des „Revi­sio­nis­mus-Strei­tes“ bekannt. Lang­fris­tig soll­te Bern­stein mit sei­nem Reform­an­satz recht behal­ten, wie Wör­mann beton­te und dabei auf das Godes­ber­ger Pro­gramm der SPD von 1959 ver­wies, wo die­se Stra­te­gie von Reform statt Revo­lu­ti­on erst­mals fest­ge­legt wur­de und seit­dem die Poli­tik der Par­tei bestimmt.

Dr. Bru­no Osuch vom Huma­nis­ti­schen Ver­band Deutsch­lands leg­te in sei­ner Rede den Fokus auf das Ver­hält­nis von Edu­ard Bern­stein zu Reli­gio­nen und Welt­an­schau­un­gen. Bern­stein, der 1850 in der damals noch selb­stän­di­gen Gemein­de Schö­ne­berg als 7. Kind eines Lok­füh­rers gebo­ren wur­de, wuchs in einem libe­ra­len und reform­jü­di­schen Umfeld auf.  „Halb als Gläu­bi­ger, halb als Skep­ti­ker“, wie Osuch den Bei­trag der Jüdi­sche All­ge­mei­nen zum 75. Todes­tag von Bern­stein im Dezem­ber 2007 zitier­te. Und das Skep­ti­sche in Bezug auf die Reli­gi­on soll­te obsie­gen. So trat Bern­stein mit 27 Jah­ren im Jahr 1877 aus der Jüdi­schen Gemein­de aus. Gleich­wohl setz­te er sich zeit­le­bens gegen jede Form des Anti­se­mi­tis­mus, für den Schutz ver­folg­ter Juden sowie für ein tole­ran­tes Ver­hält­nis zu allen Reli­gio­nen und Welt­an­schau­un­gen ein. Für das heu­ti­ge Bestre­ben des Huma­nis­ti­schen Ver­ban­des Deutsch­lands nach Ein­rich­tung von huma­nis­ti­scher Seel­sor­ge in staat­li­chen Ein­rich­tun­gen gleich­be­rech­tigt zur christ­li­chen Seel­sor­ge von beson­de­rer Bedeu­tung, so Osuch in sei­ner Rede, sei der Appell Bern­steins auf dem Bre­mer Par­tei­tag der SPD von 1904 gewe­sen. Dort for­mu­lier­te er gera­de­zu visio­när: „Glei­ches Recht für die Anhän­ger aller reli­giö­sen und phi­lo­so­phi­schen Bekennt­nis­se“. Die­ser Gedan­ke der Gleich­be­hand­lung von Reli­gi­ons- und Welt­an­schau­ungs­ge­mein­schaf­ten sei zwar sowohl in die Wei­ma­rer Ver­fas­sung als auch in unser Grund­ge­setz ein­ge­gan­gen, sei aber bis heu­te nicht rea­li­siert, wie Osuch her­vor­hob. Er schloss sei­ne Rede daher mit dem Satz: „Es wird Zeit, das Ver­mächt­nis des Demo­kra­ten, Sozia­lis­ten, Anti­mi­li­ta­ris­ten und huma­nis­ti­schen Visio­närs Edu­ard Bern­stein end­lich zu ver­wirk­li­chen!“

Inhalt teilen

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ähnliche Beiträge

Paragraf 218 StGB
Zu kurz gesprungen? SPD-Positionierung zu Schwangerschaftsabbruch mit Fetenschutz
Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich in einem am 25. Juni veröffentlichten Positionspapier für eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ein. Gleichwohl soll es laut SPD weiterhin „klare gesetzliche Voraussetzungen“ geben, die mit einem „Schutzkonzept für das ungeborene Leben“ auszutarieren wären. Doch (wie) kann das funktionieren?
Beitrag lesen »
christian-garcia-BGUduu5e4oY-unsplash
Zum neuen Buch von Bernd Stegemann
„Was vom Glauben bleibt“
In seinem aktuellen Buch „Was vom Glauben bleibt“ beklagt der Dramaturg Bernd Stegemann den Verlust religiöser Orientierung und die „atheistische Apokalypse“. Rezensent Johannes Schwill, Präsident des Humanistischen Verbandes Nordrhein-Westfalen, zeigt, warum dieser Rückgriff auf den Glauben zu einer unvollständigen Antwort auf gesellschaftliche Probleme führt.
Beitrag lesen »
2025-01-29_Podium
Neuregelung § 218 StGB
Späte Schwangerschaftsabbrüche: Podium des Humanistischen Verbandes Deutschlands – Bundesverband
Auf der Veranstaltung „Neuregelung § 218 StGB: Später Schwangerschaftsabbruch“ am 29. Januar 2025 stellte sich der Humanistische Verband Deutschlands – Bundesverband die Frage: Wie kann der Schwangerschaftsabbruch nach der 20./22. Woche geregelt werden?
Beitrag lesen »
Gemälde von Mascha Krink, Öl auf Leinwand, 80x80cm, gemalt 2020 nach dem einzigen Foto (1939), das von der Familie mit allen Kindern zusammen existiert.
Anerkennung der verleugneten Opfer des Nationalsozialismus
Blinde Flecken im kulturellen Gedächtnis
Angeblich „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“: Eine neue Wanderausstellung und der Verband vevon e.V. rücken die lange verleugneten Opfergruppen des Nationalsozialismus in den Fokus. Das Erinnern ist nicht nur ein Akt des Gedenkens, sondern auch eine Form des Widerstands gegen das Schweigen.
Beitrag lesen »
Nach oben scrollen