Repoduktive Rechte

Freihandel nur gegen Missionsfreiheit im Vereinigten Königreich

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Beitragsbild: Pixabay

Das US-Außenministerium betrachtet die britischen Schutzzonen um Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, als Einschränkung der Meinungsfreiheit, und warnt, dass dies ein Handelsabkommen zwischen den USA und Großbritannien gefährden könnte. Humanists UK kritisiert den Einfluss US-amerikanischer christlich-fundamentalistischer Interessengruppen auf die britische Politik.

Unse­re Freund*innen im Ver­ei­nig­ten König­reich machen sich Sor­gen, dass eine unhei­li­ge Alli­anz von Trump-Regie­rung und evan­ge­li­ka­len Grup­pen in den USA Druck auf Frau­en aus­üben, die ihr Recht auf Schwan­ger­schafts­ab­bruch wahr­neh­men.

Ein Han­dels­ab­kom­men zwi­schen dem Ver­ei­nig­ten König­reich und den USA war eine vor­ge­schla­ge­ne Alter­na­ti­ve zu den von Prä­si­dent Trump ver­spro­che­nen „glo­ba­len Zöl­len“.

Wäh­rend sich die Ver­ei­nig­ten Staa­ten dar­auf vor­be­rei­te­ten, wirt­schaft­lich schäd­li­che Zöl­le gegen jedes Land der Welt zu ver­hän­gen, deu­te­te das US-Außen­mi­nis­te­ri­um am Sonn­tag an, dass die siche­ren Zugangs­zo­nen des Ver­ei­nig­ten König­reichs rund um Abtrei­bungs­kli­ni­ken ein Hin­der­nis für ein künf­ti­ges Frei­han­dels­ab­kom­men mit dem Ver­ei­nig­ten König­reich dar­stel­len könn­ten. Zuvor hat­te Vize­prä­si­dent JD Van­ce in sei­ner Münch­ner Rede die siche­ren Zugangs­zo­nen des Ver­ei­nig­ten König­reichs genannt – die als direk­te Reak­ti­on auf die von den USA finan­zier­te Beläs­ti­gung durch evan­ge­li­ka­le Christ*innen vor Kli­ni­ken ein­ge­rich­tet wur­den – und sie fälsch­li­cher­wei­se als Angriff auf die Mei­nungs­frei­heit von Christ*innen und nicht als not­wen­di­ge Maß­nah­me zur Ver­hin­de­rung geziel­ter Beläs­ti­gung dar­ge­stellt.

Seit eini­gen Jah­ren för­dern christ­li­che Nationalist*innen und reli­giö­se Orga­ni­sa­tio­nen einen anhal­ten­den Angriff auf die repro­duk­ti­ven Rech­te von Frau­en in Groß­bri­tan­ni­en. Die mit Trump ver­bün­de­te Grup­pe Alli­ance Defen­ding Free­dom (ADF) hat ihre Finan­zie­rung in Groß­bri­tan­ni­en in den letz­ten Jah­ren mehr als ver­drei­facht. Ein Teil davon wird zur Unter­stüt­zung von Abtrei­bungs­geg­nern ver­wen­det, aber auch für den Ver­such, eine recht­li­che Anfech­tung der siche­ren Zugangs­zo­nen zu insze­nie­ren. Tra­gi­scher­wei­se hat all dies dazu geführt, dass ein Ver­bün­de­ter des Ver­ei­nig­ten König­reichs die Men­schen­rech­te als Ver­hand­lungs­mas­se ein­führt.

Unangebrachte Vorstellungen von sicheren Zugangszonen

Siche­re Zugangs­zo­nen hin­dern die Men­schen nicht dar­an, gegen ande­re zu pro­tes­tie­ren, die Abtrei­bun­gen vor­neh­men las­sen, oder dafür zu beten, dass sie es nicht tun. Sie hin­dern sie nur dar­an, dies auf eine Wei­se zu tun, die ande­re beun­ru­hi­gen oder beun­ru­hi­gen könn­te, oder auf eine Wei­se, die ihre Pri­vat­sphä­re beraubt. Sie ver­lan­gen ledig­lich, dass sich die Demonstrant*innen 150 Meter die Stra­ße hin­un­ter­be­we­gen. Dies muss­te gesche­hen, weil die Schi­ka­nen vor den Abtrei­bungs­kli­ni­ken außer Kon­trol­le gera­ten waren. Sie hin­der­ten Men­schen dar­an, recht­mä­ßi­ge medi­zi­ni­sche Behand­lun­gen in Anspruch zu neh­men.

Am 30. März 2025 twit­ter­te das US-Außen­mi­nis­te­ri­um: „Wir sind besorgt über die Mei­nungs­frei­heit im Ver­ei­nig­ten König­reich … Als wir kürz­lich in Groß­bri­tan­ni­en waren, tra­fen wir uns mit Livia Tos­si­ci-Bolt, die straf­recht­lich ange­klagt ist, weil sie in einer Abtrei­bungs­kli­nik Gesprä­che in einer gesetz­lich ver­bo­te­nen ‚Puf­fer­zo­ne‘ ange­bo­ten hat. Wir beob­ach­ten ihren Fall. Es ist wich­tig, dass das Ver­ei­nig­te König­reich die Mei­nungs­frei­heit respek­tiert und schützt.“ Der Tele­graph berich­te­te auf sei­ner Titel­sei­te, dass eine unge­nann­te Quel­le, die mit den Ver­hand­lun­gen ver­traut ist, hin­zu­füg­te: „Kein Frei­han­del ohne Mei­nungs­frei­heit“.

Die bri­ti­sche Regie­rung hat seit­dem bestrit­ten, dass Fra­gen der Mei­nungs­frei­heit in den lau­fen­den Han­dels­ver­hand­lun­gen über­haupt eine Rol­le gespielt haben. Aber Huma­nists UK hebt jetzt her­vor, dass der Grund, war­um dies über­haupt dis­ku­tiert wird, die zuneh­men­de Rol­le der von den USA finan­zier­ten Anti-Abtrei­bungs-Befür­wor­ter in Groß­bri­tan­ni­en ist.

ADF International

Im Zen­trum des Fal­les steht die Alli­ance Defen­ding Free­dom (ADF), eine in den USA ansäs­si­ge christ­lich-fun­da­men­ta­lis­ti­sche Inter­es­sen­grup­pe, die zuneh­mend in Groß­bri­tan­ni­en prä­sent ist. The Natio­nal berich­tet, dass der bri­ti­sche Zweig der Grup­pe im ver­gan­ge­nen Jahr über 1,1 Mil­lio­nen Pfund von sei­ner US-Mut­ter­ge­sell­schaft Alli­ance Defen­ding Free­dom erhal­ten hat, fast drei­mal so viel wie vor zwei Jah­ren.

Die ADF finan­ziert und unter­stützt den Fall von Livia Tos­si­ci-Bolt. Die ADF ist auch sehr gut mit der Repu­bli­ka­ni­schen Par­tei ver­bun­den. Mike John­son, Spre­cher des Reprä­sen­tan­ten­hau­ses – der zwei­te in Nach­fol­ge des Prä­si­den­ten – arbei­te­te frü­her als ADF-Anwalt. Es scheint sehr wahr­schein­lich, dass es die zuneh­men­de Arbeit der ADF in Groß­bri­tan­ni­en und ihre Ver­bin­dung zur Trump-Regie­rung sind, die zu die­sen Berich­ten geführt hat.

Bevor die Geset­ze über siche­re Zugangs­zo­nen in Kraft tra­ten, waren Schi­ka­nen weit ver­brei­tet, mit dras­ti­schen Bil­dern von Föten und von Frau­en, die beim Betre­ten und Ver­las­sen gefilmt wur­den. Racha­el Clar­ke von bpas sag­te kürz­lich dem Guar­di­an: „Wir hat­ten alles, von Leu­ten, die Frau­en sag­ten, dass eine Abtrei­bung bedeu­tet, ihr Baby in einen Fleisch­wolf zu ste­cken, bis hin zu Leu­ten, die Kran­ken­schwes­tern im Dun­keln die Stra­ße hin­un­ter folg­ten und ihnen sag­ten, sie wür­den Babys töten.“ Vor allem in Bour­ne­mouth gin­gen mehr als 500 Berich­te über Beläs­ti­gun­gen ein. Nach jah­re­lan­gen öffent­li­chen Kon­sul­ta­tio­nen und Debat­ten im Par­la­ment haben sich Eng­land und Wales Schott­land und Nord­ir­land ange­schlos­sen und im Jahr 2024 lan­des­wei­te Sicher­heits­zo­nen ein­ge­rich­tet.

Livia Tos­si­ci-Bolt ist Berich­ten zufol­ge eine erfah­re­ne Anti-Abtrei­bungs-Akti­vis­tin – Lei­te­rin des Bour­ne­mouth-Zweigs der christ­li­chen Anti-Abtrei­bungs-Wohl­tä­tig­keits­or­ga­ni­sa­ti­on 40 Days of Life. Ihr Fall ist einer von meh­re­ren ähn­li­chen bri­ti­schen Fäl­len, an denen die ADF jetzt betei­ligt ist, indem sie Abtrei­bungs­geg­ner ver­tritt, die wegen der Geset­ze für siche­re Zugangs­zo­nen in Schwie­rig­kei­ten gera­ten sind. Adam Smith-Con­nor, eben­falls ein Demons­trant in Bour­ne­mouth, wur­de in der Rede von JD Van­ce auf der Münch­ner Sicher­heits­kon­fe­renz im Febru­ar erwähnt.

Karen Wright, Public Affairs Manager von Humanists UK, kommentierte:

„Wenn man sich das anschaut, gibt es hier ein kla­res Mus­ter von von den USA finan­zier­ten Anti-Abtrei­bungs-Akti­vis­ten, die die Gren­zen des neu­en bri­ti­schen Geset­zes aus­tes­ten, schein­bar ver­su­chen, das akzep­ta­bels­te Ver­hal­ten zu fin­den, um öffent­li­che Sym­pa­thie zu gewin­nen, und dann ver­su­chen, das Gesetz zu Fall zu brin­gen. Es ist zutiefst besorg­nis­er­re­gend zu sehen, dass exter­ne Grup­pen ver­su­chen, Ein­fluss auf das natio­na­le Recht zu neh­men, ins­be­son­de­re wenn es um die repro­duk­ti­ve Frei­heit und kör­per­li­che Auto­no­mie von Frau­en geht.

Die Men­schen in Groß­bri­tan­ni­en unter­stüt­zen mit über­wäl­ti­gen­der Mehr­heit lega­le, siche­re und zugäng­li­che Abtrei­bun­gen, und sie unter­stüt­zen mit über­wäl­ti­gen­der Mehr­heit siche­re Zugangs­zo­nen. Sie ersti­cken nicht die Mei­nungs­frei­heit – sie ver­hin­dern ledig­lich Schi­ka­nen beim Zugang zur Gesund­heits­ver­sor­gung.“

Quel­len:
https://mailchi.mp/humanism/humanists-uk-ebulletin-5691629?e=ee76fb3ef9
https://humanists.uk/2025/04/02/how-us-funded-anti-abortion-activism-in-the-uk-now-threatens-us-uk-trade-deal/

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