Arbeitskreis Säkularität und Humanismus in der SPD

Humanistische Militärseelsorge – Erstmals Antrag auf Bundesparteitag der SPD

| von

Beitragsbild: huettenhoelscher

Vom 27. bis 29. Juni findet in Berlin der Bundesparteitag der SPD statt. Der Arbeitskreis Säkularität und Humanismus bringt dort einen wegweisenden Antrag ein: die Einrichtung einer humanistischen Militärseelsorge in der Bundeswehr.

Auf dem Bun­des­par­tei­tag der SPD am letz­ten Juni-Wochen­en­de 2025 in Ber­lin wird ein Antrag der beson­de­ren Art vor­lie­gen. Es geht um den mög­li­chen Ein­stieg in eine  „welt­li­che Lebens­be­glei­tung (Seel­sor­ge) für kon­fes­si­ons­freie Soldat*innen als Ergän­zung zur christ­li­chen und jüdi­schen Mili­tär­seel­sor­ge in der Bun­des­wehr“. Die Mit­glie­der der Frak­ti­on im Bun­des­tag sowie die SPD-Mit­glie­der in der neu­en Bun­des­re­gie­rung wer­den auf­ge­for­dert, sich ent­spre­chend dafür ein­zu­set­zen. Ein­ge­bracht wur­de der Antrag vom „Arbeits­kreis Säku­la­ri­tät und Huma­nis­mus in der SPD“, der im Jahr 2022 nach lan­gem Wider­stand gegrün­det wer­den konn­te. Ent­schei­den­de Unter­stüt­zer für die Grün­dung waren der dama­li­ge Gene­ral­se­kre­tär der SPD, Kevin Küh­nert, die Euro­pa­po­li­ti­ke­rin Kata­ri­na Bar­ley sowie der dama­li­ge kon­fes­si­ons­freie Bun­des­kanz­ler Olaf Scholz. Die bei­den Spre­che­rin­nen des Arbeits­krei­ses, die Münch­ner Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Car­men Weg­ge und die ehe­ma­li­ge Ber­li­ner Staats­se­kre­tä­rin Sabi­ne Smen­tek wer­den den Antrag offi­zi­ell ein­brin­gen und begrün­den.

Hin­ter­grund ist die Tat­sa­che, dass mitt­ler­wei­le etwa die Hälf­te der deut­schen Bevöl­ke­rung kei­ner Kir­che mehr ange­hört. Und die Zahl der kon­fes­si­ons­frei­en jun­gen Soldat*innen dürf­te noch höher lie­gen, zumal über­durch­schnitt­lich vie­le aus den öst­li­chen Bun­des­län­dern kom­men und dort eher die huma­nis­ti­schen Jugend­fei­ern und ‑wei­hen ken­nen dürf­ten als christ­li­che Kon­fir­ma­tio­nen oder Kom­mu­nio­nen. „Die zuneh­men­de Säku­la­ri­sie­rung der Gesell­schaft stellt den Staat und die Gesell­schaft vor neue Her­aus­for­de­run­gen“ – wird im Antrag ent­spre­chend gefol­gert. „Die Fra­ge der Reprä­sen­ta­ti­on und Teil­ha­be kon­fes­si­ons­frei­er Men­schen in ver­schie­de­nen gesell­schaft­li­chen Berei­chen, wie etwa im öffent­li­chen Leben oder in staat­li­chen Insti­tu­tio­nen wie der Bun­des­wehr“, sei dabei von „zen­tra­ler Bedeu­tung“. Dabei soll sich eine welt­li­che Sol­da­ten­be­ra­tung aus­drück­lich nicht gegen die bestehen­den reli­giö­sen Ange­bo­te rich­ten. „Bewähr­te For­men der reli­giö­sen Seel­sor­ge sol­len nicht in Fra­ge gestellt, son­dern der Dia­log zwi­schen den ver­schie­de­nen Welt­an­schau­un­gen geför­dert wer­den.“ Neben der domi­nie­ren­den christ­li­chen Mili­tär­seel­sor­ge gibt es seit 2021 auch wie­der eine jüdi­sche Mili­tär­seel­sor­ge. Ein seel­sor­ge­ri­sches Ange­bot für mus­li­mi­sche Soldat*innen soll noch in die­sem Jahr ein­ge­führt wer­den. Im Gegen­satz zur christ­li­chen und jüdi­schen Mili­tär­seel­sor­ge, die durch Staats­ver­trä­ge gere­gelt sind, sol­len mus­li­mi­sche Geist­li­che zunächst über Ein­zel­ver­trä­ge in die Bun­des­wehr ein­ge­bun­den wer­den. Die Umset­zung gestal­tet sich kom­ple­xer, da es kei­ne zen­tra­le Insti­tu­ti­on gibt, die alle isla­mi­schen Glau­bens­rich­tun­gen in Deutsch­land ver­tritt.

Für nicht-reli­giö­se oder anders­gläu­bi­ge Men­schen gibt es bis­lang kei­ne ver­gleich­ba­re welt­an­schau­li­che Betreu­ung. Die Ein­füh­rung einer welt­li­chen Lebens­be­glei­tung (Seel­sor­ge), die auf die spe­zi­fi­schen Bedürf­nis­se kon­fes­si­ons­frei­er Soldat*innen ein­geht, sei in die­sem Zusam­men­hang nur fol­ge­rich­tig, wie es in der Begrün­dung des Antra­ges heißt. Sie wür­de ähn­li­che Unter­stüt­zungs­leis­tun­gen bie­ten wie die reli­giö­se Mili­tär­seel­sor­ge, sich jedoch auf The­men wie Moral, Sinn­fin­dung und ethi­sche Refle­xi­on ohne reli­giö­se Kon­zep­te kon­zen­trie­ren. „Sie wür­de dafür sor­gen, dass sich auch kon­fes­si­ons­freie Men­schen vom Staat aner­kannt und reprä­sen­tiert sehen und damit einen wich­ti­gen Bei­trag zur Stär­kung unse­rer Demo­kra­tie leis­ten.“ Für den Huma­nis­ti­schen Ver­band von beson­de­rer Bedeu­tung ist der Ver­weis im Antrag auf die in 2023 neu gegrün­de­te ers­te Huma­nis­ti­sche Hoch­schu­le in Ber­lin unter Lei­tung des bekann­ten Phi­lo­so­phen und Sozi­al­de­mo­kra­ten Prof. Dr. Nida-Rüme­lin. Die­se bie­te sich an, „den Ein­stieg in eine ent­spre­chen­de Aus­bil­dung vor­zu­be­rei­ten“, heißt es im Antrag aus­drück­lich.

Erfolgsmodelle aus anderen Ländern

Über­zeu­gend für die Par­tei­tags­de­le­gier­ten könn­te der Ver­weis auf die Vor­bil­der in den NATO-Part­nern Bel­gi­en, Nor­we­gen und Nie­der­lan­den sein, wo eine welt­lich-huma­nis­ti­sche Mili­tär­seel­sor­ge bereits erfolg­reich umge­setzt wird. „In den Nie­der­lan­den etwa gibt es eine gro­ße Zahl sol­cher Mili­tär­seel­sor­ger, die von den Sol­da­tin­nen und Sol­da­ten gut ange­nom­men wer­den. So sind etwa im Deutsch-Nie­der­län­di­schen Korps in Müns­ter gemein­sam und part­ner­schaft­lich Seelsorger*innen für Chris­ten, Juden, Mus­li­me und nicht­re­li­giö­se Soldat*innen aktiv“, heißt es in der Antrags­be­grün­dung abschlie­ßend.

Vor dem Hin­ter­grund des star­ken Ein­flus­ses der Kir­chen auch auf die der­zei­ti­ge SPD-Füh­rung sowie den bekann­ten Wider­stän­den im eher christ­lich-kon­ser­va­ti­ven Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um dürf­te die Debat­te und die Abstim­mung span­nend wer­den. Aber immer­hin war es der Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Boris Pis­to­ri­us, der zusam­men mit drei ande­ren SPD-Minis­tern sei­nen Amts­eid ohne die Got­tes-For­mel geleis­tet hat.

Inhalt teilen

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Meistgelesen

Nach oben scrollen