Lange Jahre waren sie als NS-Verfolgte im gesellschaftlichen Diskurs unsichtbar: Unangepasste Zeitgenossen, als „asozial“ und als „Berufsverbrecher“ geschmähte Menschen. An sie zu erinnern, kam einem Tabu gleich. 70 Jahre lang waren sie auch in Familien nahezu unsichtbar, ihre Geschichten galten als nicht erzählbar. Ihren Angehörigen war unterstellt worden, dass sie zu faul zum Arbeiten oder verbrecherische Naturen gewesen waren.
Wer in Parks schlief, keinen Wohnsitz hatte oder infolge persönlicher Schicksalsschläge den sozialen Halt verloren hatte, wurde als „asozial“ bezeichnet. Es reichte, dreimal beim Klauen erwischt zu werden, um als „Berufsverbrecher“ zu gelten. Oder Menschen waren nach dem berüchtigten Polenstrafrecht verurteilt worden. Bei Frauen waren vermutete Promiskuität, abweichendes Sexualverhalten, Prostitution und das heimliche Durchführen von Schwangerschaftsabbrüchen häufige Gründe, die zu Haft und anschließender KZ-Haft führten. Denn viele der Betroffenen hatten ihre Haftstrafen verbüßt und wurden dennoch nicht freigelassen, sondern der „Vernichtung durch Arbeit“ ausgeliefert.
Eine Anerkennung als Opfer des NS-Regimes war den wenigen Überlebenden dieses offensichtlichen Unrechts nach 1945 versagt worden. Ganz unten in der Hierarchie der KZ-Häftlinge, waren sie weiterhin ausgegrenzt worden. Das Erinnerungstabu wurde erstmals durchbrochen, nachdem sich eine Initiative von Nachkommen und Forscher*innen im Bundestag Gehör verschafft hatte. „Kein Mensch war zu Recht im KZ!“, dieser Satz sollte zu ihrem Weckruf werden. Erster Schritt wurde die erlangte Anerkennung als Verfolgte des NS-Regimes im Bundestagsbeschluss vom 13. Februar 2020.
Auch heute hört man immer wieder, wie Menschen auf der Straße, auf Schulhöfen, aber auch in öffentlichen Debatten als „Assis“ und als „arbeitsscheu“ beschrieben werden. Die aktuelle politische Entwicklung lässt die Verstärkung der politischen Bildungsarbeit dringend notwendig erscheinen. Forschungsvorhaben wären dazu nötig. Doch scheint die Bundesregierung ihre Beschlüsse nicht wirklich ernst zu nehmen. Ein Etat für die gebotenen Forschungsaufträge fehlt bis jetzt. Und angesichts der Sparvorschläge im Bereich Kultur / kulturelle Bildung in Berlin ist nicht gerade zu erwarten, dass es in den nächsten Jahren leicht werden wird, die erforderlichen Mittel für einen zentralen Gedenkort im „Memory District“ der Hauptstadt einzufordern.
Nun wurde – entsprechend dem Bundestagsbeschluss – in Berlin eine Wanderausstellung eröffnet, die sich erstmals den „Verleugneten“ widmet. Sie wurde erarbeitet auf der Basis der Berichte und Recherchen von Familienmitgliedern. Ein Fortschritt. Bis zu einem gesellschaftlichen Umdenken ist es jedoch zweifellos noch weit. Die entsprechende Kurator*innengruppe der Stiftung Denkmal schreibt im vorläufigen Begleitheft zur Wanderausstellung: „Eine öffentliche Auseinandersetzung mit der Verfolgung beginnt jedoch nur schleppend“ (Vorwort).
Die modulare Ausstellung will nun die historische Information und gedenkendes Erinnern verbinden. Noch fehlt es in der Ausstellung an historischer Information und zusammenhängender Darstellung. Das ausführliche Begleitbuch hierzu ist laut Aussage der Kurator*innen (Vorwort des Begleitheftes) in Planung. Dennoch ist ein Besuch erhellend, um einen ersten Eindruck davon zu bekommen, welche Menschen betroffen waren. Informationen zur Ausstellung sind unter www.die-verleugneten.de verfügbar.
vevon e.V.
2023 gründete sich der Verband vevon, der sich für die Anerkennung der verleugneten Opfergruppen einsetzt. Familienmitglieder haben sich darin zusammengetan, um die Geschichten der Verfolgten und Ermordeten zu erzählen. Geschichten, die drohten, endgültig unterzugehen. Auch fordern die Angehörigen einen zentralen Gedenkort im „Memory District“ der Hauptstadt und berufen sich dabei auf den Prozess, der in der Hauptstadt zu dem Entschluss führte, separate Denkmäler für die Opfergruppen einzurichten, die lange aus dem Gedenken ausgeschlossen worden waren. So waren für Sinti und Roma, Homosexuelle, Opfer der NS-“Euthanasie“ erst im letzten Jahrzehnt eigenständige Gedenkorte durchgesetzt und schließlich realisiert worden. Es existieren nicht nur Opferkonkurrenzen, sondern die Gruppen konnten auch an Synergien des Gedenkens andocken.
Wie schwierig dieses Unterfangen für Menschen ist, die damals in KZs mit dem schwarzen oder dem grünen Winkel gekennzeichnet wurden, macht auch Folgendes deutlich: Im Jahr 2009 gelang es der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas noch nicht, für die Umsetzung eines Konzeptes der Stiftung unter dem Titel „Gemeinschaftsfremd“ eine finanzielle Förderung zu erlangen. Dazu bedurfte es der zivilgesellschaftlichen Initiativen der Familienmitglieder, die sich im Verein vevon zusammenschlossen.
Anfang 2024 erschien nun, herausgegeben von einem der Initiatoren des Bundestagsbeschlusses, Frank Nonnenmacher, eine erste Veröffentlichung zu den ‚Verleugneten‘. Die gründliche Rekonstruktion der 20 Lebensgeschichten im Sammelband Die Nazis nannten sie „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ gelang oft nur unter schwierigsten Umständen und zeigt vor allem eines: Die meisten der betroffenen Menschen waren arm. Die Geschichten berichten von zahlreichen Kleinstdelikten. Gesetzwidriges Verhalten war unter Umständen nichts anderes als soziale Notwehr.
Über die Schwierigkeiten, die Lebensgeschichten von verleugneten Opfern zu recherchieren und darzustellen
In den seltensten Fällen hinterließen die Menschen in prekären Lebenssituationen schriftliche Berichte, die Überlebenden schwiegen. So stellen die Geschichten eine Annäherung an das Geschehen dar und erheben keinen Anspruch auf Unanfechtbarkeit. Doch sind sie auf der Basis von Dokumenten recherchiert und bilden erstmals ab, was bisher gesellschaftlich nicht der Rede wert war. Im Folgenden berichtet Mascha Krink über den Fall ihrer Großeltern und ihre Motivation, sich im Verband vevon zu engagieren:
Mein Großvater war von Beruf Zimmermann, er war in Trebnitz geboren und aufgewachsen. Sein Name war Herbert Böhm. Auf der Walz lernte er unsere Großmutter Theresa in Niederbayern kennen. Sie heirateten, zogen nach Waldshut, wo mein Großvater mit Rohprodukten handelte. Dort kamen die ersten zwei Kinder zur Welt. Aufgrund der Auswirkung der globalen Wirtschaftskrise musste mein Großvater seine Firma schließen. So beschlossen sie, sich auf den Weg nach Trebnitz, in Herberts Heimat, zu machen, um dort neu anzufangen. Anhand der Geburtsorte ihrer Kinder konnte ich nachvollziehen, dass sie es auch schafften bis nach Trebnitz. Nur sah die wirtschaftliche Situation dort nicht besser aus.
Wie viele andere in den frühen 1930er Jahren, waren auch meine Großeltern auf den Straßen unterwegs, auf der Suche nach Arbeit – gemeinsam mit Hunderttausenden, die von der Massenarbeitslosigkeit dieser Zeit betroffen waren. Sie waren also Wanderarbeiter, Menschen, die nicht immer einen festen Wohnsitz hatten und ihr Leben damit verbrachten, überall Arbeit zu suchen, um sich irgendwie durchzuschlagen.
Die Armut zwang sie zu dem, was die Gesellschaft als „Kleindelikte“ bezeichnete: Betteln und vielleicht auch kleine Diebstähle, um zu überleben. Mein Großvater wurde in dieser Zeit insgesamt achtmal verhaftet und bestraft – achtmal innerhalb von 15 Jahren immer wieder für ein paar wenige Wochen weggesperrt, weil er kein Geld hatte, um die Strafe zu bezahlen. Mit dieser Geschichte stehen Herbert und Theresa für viele Menschen jener Zeit, die durch ein System kriminalisiert wurden, das für Armut keine Lösung, aber umso mehr Strafen bereithielt.
Im Frühjahr 1940, inmitten der Schrecken des NS-Regimes, wurden Herbert und Theresa nach einer Denunziation durch „Nachbarn“, die das Fürsorgeamt auf sie angesetzt hatte, gewaltsam in eine sogenannte „Arbeitsanstalt“ eingewiesen. Das war kein Ort, an dem man Menschen helfen wollte, wieder auf die Beine zu kommen. Es war ein Ort, an dem diejenigen, die nicht in das Bild der „Volksgemeinschaft“ passten, aus dem Blickfeld verschwinden sollten. Als wäre dies nicht schon Strafe genug, wurden ihnen ihre inzwischen sieben Kinder weggenommen. Der Staat entzog ihnen das Sorgerecht und verhängte ein Kontaktverbot. Die Unmenschlichkeit dieser Entscheidung kann ich kaum in Worte fassen – die Familie unseres damals erst zweijährigen Vaters wurde nicht nur auseinandergerissen, sondern systematisch zerstört. Unsere Großmutter Theresa wurde nach drei Monaten wieder aus der „Arbeitsanstalt“ entlassen und kämpfte von diesem Moment an unermüdlich um ihre Kinder und ihren Mann. Doch dieser Kampf war vergeblich. Ihr Ehemann Herbert war mittlerweile als sogenannter „Asozialer“ ins Konzentrationslager deportiert worden. Erst Sachsenhausen, dann Ravensbrück – Orte, die wir heute mit Leid und Tod verbinden, Orte, an denen Menschenrechte keinen Wert hatten. Herbert hat diese Hölle nicht überlebt.
Theresa, meine Großmutter, kehrte zurück in ein Leben, das geprägt war von Einsamkeit, Verlust und Schmerz. Sie kämpfte jahrelang um ihre Kinder, und dennoch blieb ihr das Sorgerecht für immer verwehrt. Vereinsamt und tief gezeichnet starb sie mit nur 43 Jahren an Krebs. Eine Frau, die sich nichts sehnlicher gewünscht hatte, als Mutter sein zu dürfen, verlor diesen Kampf gegen ein System, das ihr nie eine Chance gegeben hatte.
Meine Geschwister und ich wuchsen mit einem unsicheren, förmlich zerrissenen Vater auf. Dieses Erbe beschäftigt uns heute noch auf unterschiedliche Weise. Ich hatte als Kind oft das Gefühl, ihn trösten zu müssen.
30 Jahre lang habe ich mich mit der Lebensgeschichte meiner Großeltern auseinandergesetzt, habe recherchiert, Archive durchforstet und geforscht. Das, was ich heute weiß, ist: Mein Großvater wurde in Konzentrationslagern systematisch ausgebeutet und ermordet. Sein Verbrechen: Er war arm und lebte unangepasst.
Bei all der Recherche ist es mir nicht gelungen, sein genaues Todesdatum herauszufinden. Die Totenbücher in Ravensbrück haben die Nazis bei ihrem „Rückzug“ vernichtet.
Mit meinem jüngsten Sohn, meiner Schwester und dem Dramaturgen Dirk Laucke erarbeiteten wir einen Podcast zum Schicksal unserer Altvorderen. Wir sind durch mehrere Bundesländer gereist, haben Historiker*innen befragt und die verschiedenen Stationen unserer Großeltern und Urgroßeltern nachverfolgt.
Trotz unserer Recherchen und des Podcasts zur Lebensgeschichte unserer als „asozial“ stigmatisierten Großeltern zeigt der Großteil meiner Familie sehr wenig Interesse am Schicksal unserer Großeltern. Mit dem Stigma „asozial“ scheint automatisch Scham einherzugehen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg heirateten die drei Schwestern meines Vaters amerikanische G.I.s und wanderten nach Amerika aus. Jahrzehnte später schrieben mich deren Enkel an, nachdem sie in einem Museum auf meine E‑Mail-Adresse gestoßen waren, während sie nach ihrem Urgroßvater suchten. Nachdem ich ihnen meine Recherchen zur Verfügung gestellt hatte, brachen sie den Kontakt abrupt wieder ab. Auch bei ihnen scheint eine tiefe Scham zu bestehen, die zeigt, wie dringend es ist, dass die Gesellschaft endlich beginnt, diese Geschichten aufzuarbeiten, um zu verstehen, wie es dazu kam, und dass eine persönliche Scham völlig deplatziert ist.
Denn die Geschichte meiner Großeltern ist kein Einzelfall. Sie zeigt die grausame Realität eines Systems, das Menschen, die nicht in sein Schema passten, als „minderwertig“ stigmatisierte. Es zeigt, wie die Nazis Menschen, die in Armut lebten oder sich nicht in die vorgegebenen Normen einfügten, als „Asoziale“ oder „Kriminelle“ verfolgten. Diejenigen, über die wir heute durch diese großartige Wanderausstellung erfahren, waren Opfer eines Regimes, das kein Mitgefühl kannte.
Die Auseinandersetzung mit dem ertragenen Leid der als Berufsverbrecher und Asoziale Stigmatisierten ist für uns weit mehr als eine Frage der historischen Gerechtigkeit – sie berührt uns auch auf einer tief persönlichen Ebene. Und so ist es uns eine innere Verpflichtung, für das Andenken all jener einzutreten, die über Jahre hinweg aus der kollektiven Erinnerung ausgeschlossen wurden. Indem wir die Geschichten dieser verleugneten Opfergruppen erzählen, hoffen wir, deren Schicksale vor dem Vergessen zu bewahren. Ihr Leid verdient es, endlich gehört und verstanden zu werden, nicht nur als ein Teil der Vergangenheit, sondern auch als Mahnung für die Gegenwart und Zukunft. Die Geschichten dieser Menschen haben uns gelehrt, dass Erinnern nicht nur ein Akt des Gedenkens ist, sondern auch eine Form des Widerstands gegen das Schweigen. Die Geschichte meines Großvaters, der in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Ravensbrück inhaftiert war und dort starb, hat mich und meine Familie tief geprägt.
Es gab in den Gedenkstätten Sachsenhausen und Ravensbrück keinen Ort, der speziell an diese Gruppen erinnert. Durch die Initiative meiner Schwester, der befreundeten Bildhauerin Ines Diederich und mir sowie mithilfe der guten Kooperation und den Mitarbeiter*innen der Gedenkstätte Sachsenhausen, durch die Initiative unseres 2023 gegründeten Verbandes vevon der sich der Anerkennung und Aufarbeitung der verleugneten Opfergruppen des Nationalsozialismus widmet, konnte dort im Juni 2023 doch endlich die erste Gedenkstele für die schwarzwinkligen Häftlinge errichtet und eingeweiht werden. Finanziert wurde das Denkmal von der Amadeus Antonio Stiftung.
Zum schwarzen Winkel zählten jene, die als „asozial“ galten, die nicht in die nationalsozialistische Vorstellung eines „nützlichen“ Lebens passten, darunter auch Arbeitsverweigerer und sozial Randständige. Ende September 2024 haben wir die Gedenkstätte vervollständigt, indem wir die Stele, die den sogenannten grünen Winkeln gewidmet ist, eingeweiht haben. Gewidmet den Menschen, die unter den Nationalsozialisten als „Berufsverbrecher“ stigmatisiert wurden, was meist willkürlich auf Personen angewendet wurde, die zuvor strafrechtlich verurteilt worden waren, unabhängig von der Schwere ihrer Vergehen. Mit der Erweiterung des Gedenkortes an einem der wichtigsten Konzentrationslager setzten wir ein weiteres Zeichen gegen das Vergessen und für die Sichtbarkeit dieser verleugneten Opfergruppen. Ihr Schicksal darf nicht vergessen werden, denn es erinnert uns daran, eine gerechte und inklusive Erinnerungskultur einzutreten.
Ein Verband für das Erinnern an die verleugneten Opfer des Nationalsozialismus
Initiiert von Frank Nonnenmacher und Ines Eichmüller, wurde der Verband im Januar 2023 von 33 engagierten Gründungsmitgliedern wie Barbara und mir ins Leben gerufen. Ziel ist es, durch Forschung, Gedenkarbeit und Austauschplattformen die Geschichten dieser Opfergruppen ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und ihren Nachkommen eine Stimme zu geben. Nach innen bietet unser Verband eine wichtige Plattform für den Austausch unter den Nachkommen der Opfergruppen. Hier können die Familien dieser Opfergruppen und Interessierte (z.B. Historiker*innen) sich nicht nur über ihre Recherchen zu den individuellen Verfolgungsgeschichten austauschen, sondern auch wertvolle Informationen über Forschung und Archivarbeit teilen. Unser Verband unterstützt zudem aktiv bei der Aufarbeitung. So entsteht ein lebendiger Dialog, der Vergangenheit und Gegenwart verbindet.
vevon e.V. setzt sich als Verband auch konsequent dafür ein, dass die verleugneten und marginalisierten Opfergruppen des Nationalsozialismus endlich die Anerkennung und Würde erhalten, die ihnen zusteht. Ziel des Vereins ist es, das Bewusstsein für die Leerstelle in der Gesellschaft zu schärfen und sicherzustellen, dass diese Opfergruppen sowohl in der historischen Aufarbeitung als auch im öffentlichen Gedenken vertreten sind. Der Verband versteht sich als Brücke zwischen der Vergangenheit und einer Erinnerungskultur in der Gegenwart. Ein weiteres Ziel ist es, politisch und gesellschaftlich dafür einzutreten, dass die Schicksale der verleugneten Opfergruppen nicht länger marginalisiert werden, sondern dauerhaft in der Erinnerungskultur verankert sind, denn wir bemängeln die fehlende Anerkennung und das Schweigen, dass diese Menschen doppelt zu Opfern gemacht hat – erst durch den NS-Terror und dann durch das Verleugnen nach 1945.
Der Verband organisiert und unterstützt Gedenkveranstaltungen und kämpft um die Errichtung eines zentralen Mahnmals, um das öffentliche Bewusstsein für die verleugneten Opfer zu stärken. vevon e.V. veröffentlichte die Schrift „Die Nazis nannten sie Asoziale und Berufsverbrecher“, die einige dieser Schicksale vor und nach 1945 erzählt, um diese sowohl in Schulen als auch in der breiteren Gesellschaft zu verankern. Durch diese Aktivitäten versuchen wir als Verband, die Marginalisierung dieser Gruppen zu bekämpfen und ihre Geschichten ins kollektive Gedächtnis zu integrieren.
In aktuellen Debatten über Erinnerungskultur und historische Gerechtigkeit wird oft noch zu wenig auf die spezifischen Schicksale von Gruppen wie Sinti und Roma, Menschen mit Behinderungen, Homosexuellen und der grün- und schwarzwinkligen Opfer eingegangen. Eine der zentralen Herausforderungen ist die auch heute fortlaufende Marginalisierung dieser Opfergruppen im öffentlichen Diskurs. Trotz verstärkter Bemühungen um eine breitere Erinnerungskultur werden die Geschichten dieser Menschen nach wie vor häufig übersehen oder nur oberflächlich behandelt. vevon e.V. setzt sich in dieser Debatte dafür ein, dass der politische und gesellschaftliche Fokus erweitert wird, um diese Gruppen stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Eine weitere politische Herausforderung ist der zunehmende Revisionismus oder die Tendenz, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu relativieren. Unser Verband setzt sich ein, indem er sich aktiv für die Anerkennung aller Opfergruppen einsetzt und auf eine klare Distanzierung von jeglichen Versuchen drängt, die Schicksale dieser Opfergruppen weiterhin zu verleugnen. vevon e.V. kämpft dafür, dass die verleugneten Opfergruppen in aktuellen Gesetzesinitiativen, Gedenkplänen und Bildungsmaßnahmen vertreten sind. Dies wird durch die Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsträger*innen und Historiker*innen erreicht, um sicherzustellen, dass auch in künftigen Gedenkprogrammen und im Schulunterricht eine gerechte und umfassende Darstellung derer Verfolgungsgeschichte erfolgt.
Die Anerkennung der verleugneten Opfergruppen des Nationalsozialismus ist nicht nur eine Frage der historischen Aufarbeitung, sondern eine dringende moralische Verantwortung der Gesellschaft. Diese Menschen wurden nicht nur während des NS-Regimes systematisch verfolgt, sondern nach Kriegsende auch in ihrem Leiden oft ignoriert oder marginalisiert. Das Vergessen oder bewusste Übergehen ihrer Schicksale stellt eine Fortsetzung der Ungerechtigkeit dar, die wir als Gesellschaft nicht hinnehmen dürfen. Es geht um mehr als nur darum, die Vergangenheit korrekt zu dokumentieren; es geht darum, den betroffenen Gruppen endlich die Würde zurückzugeben, die ihnen verweigert wurde. Indem wir uns dieser Verantwortung stellen, erkennen wir an, dass der Schmerz dieser Opfergruppen auch heute noch nachwirkt – in den Familien, Gemeinschaften und Nachkommen der Betroffenen, aber auch in den Lücken unseres kollektiven Gedächtnisses. vevon e.V. vertritt die Position, dass die Gesellschaft aktiv handeln muss, um diesen Menschen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.
Dies bedeutet, ihre Geschichten in die öffentliche Erinnerungskultur zu integrieren und sie in Bildungspläne aufzunehmen. Es bedeutet eine verpflichtende Einbindung der Geschichten der verleugneten Opfergruppen in die Lehrpläne von Schulen und Universitäten, um sicherzustellen, dass die Verfolgung und das Leid dieser Menschen auch künftigen Generationen bekannt sind.
Wir fordern die umfassende Rehabilitierung der Opfer, die viele Jahrzehnte nicht als solche anerkannt wurden. So sollte unserer Meinung nach in bestehenden Gedenkstätten und Museen Raum geschaffen werden, um die Geschichten dieser Opfergruppen zu erzählen. Eine Rehabilitation dieser Opfergruppen erfordert auch, dass ihre Geschichten in Schulcurricula und historischen Bildungsangeboten verankert werden. Schüler*innen und Studierende sollten über die Verfolgung dieser Opfergruppen informiert und sensibilisiert werden, um deren Leid im kollektiven Gedächtnis zu verankern.
Wir fordern auch die Schaffung von Forschungszentren und Archiven, die sich gezielt mit den Schicksalen dieser Opfergruppen beschäftigen und sicherstellen, dass ihr Leid nicht nur dokumentiert, sondern auch für die Nachwelt erhalten bleibt.
Diese Forderungen tragen dazu bei, nicht nur das historische Unrecht aufzuarbeiten, sondern auch sicherzustellen, dass diese Opfergruppen in der Gesellschaft die Anerkennung und Aufmerksamkeit erhalten, die ihnen viele Jahrzehnte verweigert wurde.