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Demokratie

„Kämpfen Sie für Demokratie – Geschichte darf sich nicht wiederholen”

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Beitragsbild: Christian Lue/unsplash

Die Demokratie schützt die Freiheit und die Würde jedes und jeder Einzelnen. Jetzt ist der Zeitpunkt, sie zu verteidigen. Geschichte darf sich nicht wiederholen!

Am 17. Janu­ar 1944 haben die Natio­nal­so­zia­lis­ten Max Sie­vers ermor­det. Er war der Vor­sit­zen­de des Deut­schen Frei­den­ker-Ver­ban­des, unse­rer Vor­gän­ger­or­ga­ni­sa­ti­on, die um 1930 mehr als 600.000 Mit­glie­der hat­te. Max Sie­vers kämpf­te nach der Macht­über­nah­me durch die Natio­nal­so­zia­lis­ten – zumeist aus dem Exil – gegen deren Gewalt­herr­schaft und warb für den Sturz des Regimes. Er wur­de im Juni 1943 durch die Gesta­po ver­haf­tet, im Novem­ber vom Volks­ge­richts­hof unter dem Vor­sitz von Roland Freis­ler wegen „Vor­be­rei­tung zum Hoch­ver­rat mit Feind­be­güns­ti­gung“ zum Tod ver­ur­teilt und am 17. Janu­ar 1944 im Zucht­haus Bran­den­burg-Gör­den durch das Fall­beil hin­ge­rich­tet.

Aus heu­ti­ger Per­spek­ti­ve hat Sie­vers etwas Unvor­stell­ba­res für unse­ren Ver­band, für die Men­schen und für sein Land getan. Obwohl er schon ein­mal inhaf­tiert war, obwohl er aus­ge­bür­gert wur­de und sei­ne Hei­mat ver­lor, obwohl er wuss­te, wie bru­tal die Sank­ti­ons­ma­schi­ne­rie des NS-Regimes war, kämpf­te er wei­ter bis zu sei­ner Ver­haf­tung.

Natür­lich braucht es als Vorsitzende*r oder Vor­stand unse­res Huma­nis­ti­schen Ver­bands einen hohen Grad an Über­zeu­gung und Pflicht­ge­fühl. Es braucht die Ein­sicht, dass die­ses Amt manch­mal auch grö­ßer und wich­ti­ger ist als die per­sön­li­chen Inter­es­sen. Doch ich kann mir nicht annä­hernd aus­ma­len, wie es ist, wenn man alles aufs Spiel setzt – sogar das eige­ne Leben.

Vor die­sem Hin­ter­grund mache ich mir Sor­gen, wenn ich die Wahl­pro­gno­sen in eini­gen Bun­des­län­dern sehe und dabei an unse­ren Ver­band den­ke. Wir sind glück­li­cher­wei­se noch nicht an dem Punkt, an dem Men­schen Angst um ihr Leben haben müs­sen. So weit darf es nie­mals kom­men. Dafür müs­sen wir uns mit aller Kraft ein­set­zen.

Der Blick zurück auf den Natio­nal­so­zia­lis­mus oder der aktu­el­le Blick in eini­ge Nach­bar­län­der füh­ren uns ein­drück­lich die Per­spek­ti­ve vor Augen. Wenn die Rechts­na­tio­na­len an die Macht kom­men, dann setz­ten sie immer zwei Din­ge ganz schnell um: ers­tens den Abbau der Rechts­staat­lich­keit durch das Ein­set­zen gefäl­li­ger Richter*innen ver­bun­den mit der Ein­schrän­kung der Kon­troll­rech­te der Jus­tiz. Zwei­tens wird eine regie­rungs­ori­en­tier­te Deu­tungs­ho­heit her­ge­stellt. Damit ein­her geht immer, die Kritiker*innen mas­siv zu schwä­chen.

Der Huma­nis­ti­sche Ver­band ver­tritt ein Men­schen­bild, wel­ches nur in einer Demo­kra­tie exis­tie­ren kann. Huma­nis­mus und Demo­kra­tie sind untrenn­bar ver­knüpft. Wenn die Rechts­staat­lich­keit in Deutsch­land durch eine rech­te Par­tei ange­grif­fen wird, dann ist das ein Angriff auf unser demo­kra­ti­sches Fun­da­ment. Das wer­den wir aufs Schärfs­te kri­ti­sie­ren – laut und unnach­gie­big. Dafür wird man uns denun­zie­ren, bekämp­fen und zu schwä­chen ver­su­chen.

Um es klar zu sagen: Wenn die AfD in Deutsch­land an die Macht kommt, endet die Demo­kra­tie, wie wir sie ken­nen. Dann endet auch die Erfolgs­ge­schich­te unse­res Ver­ban­des und noch viel schlim­mer: Unse­rer huma­nis­ti­schen Über­zeu­gung wird die Grund­la­ge ent­zo­gen.

Des­we­gen begrü­ßen wir die Pro­tes­te gegen die auf­ge­deck­ten rechts­extre­men Umtrie­be der AfD. Natür­lich sind wir auch Teil der Brand­mau­er. Und wir sagen ganz klar: Wer die AfD wählt, scha­det dem Huma­nis­mus und somit unse­rem Ver­band.

Wenn ich an die Hin­rich­tung von Max Sie­vers den­ke, füh­le ich eine Ver­ant­wor­tung. Er hat sein Leben für sei­ne Über­zeu­gung und den Ver­band geop­fert. Ver­gli­chen damit braucht es nur sehr wenig Mut und Kraft, sich heu­te für unse­re Demo­kra­tie ein­zu­set­zen. Ich bit­te Sie von gan­zem Her­zen: Reden Sie mit Ihren Freund*innen, Ihrer Fami­lie und nut­zen Sie auch jede ande­re Situa­ti­on, um ein Erstar­ken der Demo­kra­tie­fein­de zu ver­hin­dern. Gehen Sie zu Demons­tra­tio­nen, äußern Sie sich öffent­lich und hören Sie nicht auf, sich zur Demo­kra­tie zu beken­nen. Es gibt kei­ne bes­se­re Staats­form. Die Demo­kra­tie schützt die Frei­heit und die Wür­de jedes und jeder Ein­zel­nen. Jetzt ist der Zeit­punkt, sie zu ver­tei­di­gen.

Der Bei­trag erschien zuerst im Maga­zin der Freund*innen des HUMANISMUS 14 | Früh­jahr 2024. Wir dan­ken dem HVD Ber­lin-Bran­den­burg für die freund­li­che Geneh­mi­gung zur Zweit­ver­öf­fent­li­chung.

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1 Kommentar zu „„Kämpfen Sie für Demokratie – Geschichte darf sich nicht wiederholen”“

  1. Die Aus­füh­run­gen zu dem mög­li­chen Ver­hal­ten der AfD sind rein hypo­the­tisch, denn sie hat in kei­nem Par­la­ment die Mehr­heit und ist auch in kei­ner Regie­rung ver­tre­ten. Soll­te dies eines Tages der Fall sein und sie dann das befürch­te­te Ver­hal­ten zei­gen, ist die Zeit gekom­men, gegen die­se Par­tei auf­zu­tre­ten. Bis dahin ist sie aber eine von einem Groß­teil des Vol­kes gewähl­te Oppo­si­ti­ons­par­tei. Die­se soll­te in einer Demo­kra­tie ihre The­sen äußern dür­fen, auch wenn sie der eige­nen Mei­nung zuwi­der lau­fen; nur das ist eine ech­te Demo­kra­tie! Das Ver­hal­ten von Regie­rungs­par­tei­en wie den Grü­nen, die unse­re Mei­nung und Ver­hal­ten durch Benut­zung ihrer Macht zu ver­än­dern suchen, soll­te an die­ser Stel­le dar­um eher kri­ti­siert wer­den. Einst tra­ten sie an, um den Wil­len des Vol­kes gegen die damals herr­schen­den Regie­run­gen zu ver­tre­ten. Heu­te sind sie es selbst, die den Wil­len der Mehr­heit des Vol­kes miss­ach­ten. Auch eine Innen­mi­nis­te­rin wie Frau Fae­ser ist kein Vor­bild für demo­kra­ti­sches Ver­hal­ten. Ech­te Huma­nis­ten und Demo­kra­ten tre­ten dafür ein, dass die­je­ni­gen, die die Macht haben, sie nicht benut­zen, um die Frei­heit der Anders­den­ken­den zu beschnei­den.

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