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Gemengelage zum Schwangerschaftsabbruch am Regierungsende

Weg mit dem Makel der Sittenwidrigkeit im § 218 StGB

| von
Katrin Raczynski (Humanistischer Verband Deutschlands – Bundesverband) am 13. November 2024 auf der Veranstaltung „Frauenrecht und Fötenschutz!“ in Berlin

Beitragsbild: Konstantin Börner

Parallel zur Veranstaltung „Frauenrecht und Fötenschutz!“ am 13. November in Berlin sowie zu Demonstrationsaufrufen „Abtreibung legalisieren – jetzt“ wurde bekannt, dass ein Gesetzentwurf einer Gruppe von Bundestagsabgeordneten vorliegt. Sie will die Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch noch in dieser Legislatur aus dem Strafgesetzbuch herausnehmen und in ein Sondergesetz überführen – gegen angekündigten massiven Widerstand der Union. Dabei steht ihr sehr moderater Gruppenantrag hinter den teils deutlich weitergehenden Reformvorschlägen aus der Zivilgesellschaft zurück. Der Humanistische Verband Deutschlands sieht sich herausgefordert, die zugrundeliegenden Ansätze zu analysieren und zu sortieren.

Der Schwan­ger­schafts­ab­bruch muss neu gere­gelt wer­den, aber kei­nes­falls wei­ter mit­tels des Straf­rechts, so der Tenor der Abend­ver­an­stal­tung „Frau­en­recht und Föten­schutz!“ des Huma­nis­ti­sche Ver­ban­des Deutsch­lands – Bun­des­ver­band in Koope­ra­ti­on mit der Huma­nis­ti­schen Aka­de­mie Deutsch­land. Eine Frei­ga­be im Sin­ne des Frau­en­rechts ohne stig­ma­ti­sie­ren­de Bera­tungs­pflicht habe bis zur 21. Schwan­ger­schafts­wo­che zu erfol­gen – so lau­tet die bereits 2022 ver­öf­fent­li­che Posi­tio­nie­rung des Huma­nis­ti­sche Ver­ban­des Deutsch­lands. Dar­auf weist ein in drit­ter Auf­la­ge erschie­ne­nes Grund­la­gen­werk zur medi­zi­ni­schen Ethik erneut hin.

Auf der Ver­an­stal­tung am 13. Novem­ber wur­de betont: Die­se Leit­li­ni­en des Huma­nis­ti­schen Ver­ban­des Deutsch­lands, nach­zu­le­sen in der Bro­schü­re Zur Neu­re­ge­lung von Schwan­ger­schafts­ab­brü­chen, ent­spre­chen im Grund­satz einem voll aus­ge­ar­bei­te­ten Gesetz­ent­wurf, der im Okto­ber 2024 vor­ge­leg­te wur­de – und zwar von den Rechts­pro­fes­so­rin­nen Frie­de­ri­ke Wap­ler, Maria Wer­sing und Lia­ne Wör­ner als Autorin­nen, unter­stützt von gut zwei Dut­zend zivil­ge­sell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen.

Die drei Autorin­nen waren Mit­glie­der einer von der Ampel­re­gie­rung ein­ge­setz­ten Kom­mis­si­on, die eine mög­li­che Neu­re­ge­lung unter Abschaf­fung des § 218 StGB über­prü­fen soll­te. Deren Emp­feh­lun­gen haben ledig­lich für die Früh­pha­se einer Schwan­ger­schaft ein ein­deu­ti­ges Votum abge­ge­ben: In die­ser sei auch aus „völker‑, ver­fas­sungs- und euro­pa­recht­li­cher Per­spek­ti­ve“ die Straf­bar­keit bzw. die Rechts­wid­rig­keit von Abbrü­chen kei­nes­falls halt­bar. Die Früh­pha­se bezieht sich aller­dings nur auf das ers­te Drit­tel (also wie bis­her auf die abge­schlos­se­ne 12. Schwan­ger­schafts­wo­che). Die genann­ten Pro­fes­so­rin­nen haben dar­über­hin­aus­ge­hend eine frei­zu­ge­ben­de Frist bis zur 22. Schwan­ger­schafts­wo­che mit Recht (statt mit Pflicht) auf frei­wil­li­ge Bera­tung nor­miert. Dies­be­züg­lich wird ihr Ent­wurf ganz im Sin­ne des Huma­nis­ti­sche Ver­ban­des Deutsch­lands von ihm sehr begrüßt und unter­stützt.

Rechtwidrigkeit im § 218 StGB als „Unwerturteil“

Auf dem pro­mi­nent besetz­ten Podi­um kam am 13. Novem­ber in Ber­lin auch die Dring­lich­keit einer all­ge­mei­nen Kos­ten­über­nah­me der Kran­ken­kas­sen für Ver­hü­tungs­mit­tel und Schwan­ger­schafts­ab­brü­che sowie eine Ver­bes­se­rung der ent­spre­chen­den Fach­ärz­te­aus­bil­dung zur Spra­che. Hemm­nis in die­sen Berei­chen ist die im § 218 StGB unauf­heb­ba­re Rechts­wid­rig­keit, es sei denn, es läge eine Indi­ka­ti­on auf­grund Gesund­heits­ge­fähr­dung der Frau oder ursäch­li­cher Ver­ge­wal­ti­gung vor. In allen ande­ren Fäl­len, d. h. in gut 95 % aller Abbrü­che, auch wenn sie gemäß Fol­ge­pa­ra­graf 218a StGB nicht straf­ver­folgt wer­den, grei­fen die nega­ti­ven Fol­ge­wir­kun­gen einer sitt­lich begrün­de­ten Stig­ma­ti­sie­rung.

Es gilt der­zeit das juris­ti­sche Kon­strukt: Ver­zicht auf Stra­fe bei bestehen­der Rechts­wid­rig­keit für die ers­ten drei Mona­te der embryo­na­len Ent­wick­lung. Die­se soge­nann­te „befrie­den­de“ Kom­pro­miss­for­mel von 1995 kann für nor­ma­le Bürger*innen, Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te (die auch Lai­en sind) und die Öffent­lich­keit kaum erklär­bar oder gar ver­ständ­lich gemacht wer­den. Die Wider­sprüch­lich­kei­ten las­sen eine Debat­te zur Ent­stig­ma­ti­sie­rung des Schwan­ger­schafts­ab­bruchs – sei es durch (Teil-)Entkriminalisierung oder aber durch Lega­li­sie­rung (d.h. voll­stän­di­ge Frei­ga­be bis zur Geburt) – so kom­pli­ziert und ideo­lo­gie­an­fäl­lig wer­den.

In dem hier doku­men­tier­ten Ein­füh­rungs­re­fe­rat von Prof. Hart­mut Kreß auf der Ver­an­stal­tung des Huma­nis­ti­schen Ver­ban­des Deutsch­lands wies er auf eine Beson­der­heit der deut­schen Rechts­dog­ma­tik hin: Dem­nach wird hier­zu­lan­de mit der Auf­nah­me ins Straf­ge­setz­buch gleich­zei­tig ein „sozi­al­ethi­sches Unwert­ur­teil“ ver­bun­den. Das Straf­recht ins­be­son­de­re im § 218 StGB soll also eine mora­li­sche Stütz­funk­ti­on über­neh­men, um in der Bevöl­ke­rung, in der Ärz­te­schaft und bei unge­wollt Schwan­ge­ren die Abwehr­hal­tung gegen „Sit­ten­wid­ri­ges“ auf­recht­zu­er­hal­ten. Die­se Abschre­ckungs­wir­kung wird auch und gera­de dann beab­sich­tigt, wenn fak­tisch gleich­zei­tig von Stra­fe abge­se­hen wird oder wer­den muss­te.

Die traditionelle Rolle der Kirchen

Bei dem zur­zeit in der Bun­des­re­pu­blik (seit 1995) zum Schwan­ger­schafts­ab­bruch kodi­fi­zier­ten Straf­recht haben sich die bei­den Kir­chen – ton­an­ge­bend die katho­li­sche – immer wie­der für restrik­ti­ve Ein­schrän­kun­gen im Namen ihrer Sitt­lich­keits­vor­stel­lun­gen expo­niert, die wesent­lich aus dem 19. Jahr­hun­dert stam­men. In der Ade­nau­er-Ära hat­ten sie auf­grund struk­tu­rel­ler Auto­ri­tät und enger Ver­bin­dung zu den Uni­ons­par­tei­en maß­geb­lich alle Libe­ra­li­sie­rungs­ver­su­che ver­hin­dern kön­nen. Inzwi­schen wird im rechts­ethi­schen und ‑wis­sen­schaft­li­chen Schrift­tum durch­gän­gig abge­lehnt, das Straf­recht für mora­li­sche – und erst recht reli­giö­se – Anschau­un­gen zu instru­men­ta­li­sie­ren. In der sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Ära der 70er Jah­re hat­te die SPD bereits eine Indienst­nah­me des staat­li­chen Rechts für kirch­li­che Anschau­un­gen zurück­ge­wie­sen. Kanz­ler Hel­mut Schmidt beton­te bereits 1978 dem­ge­gen­über die kul­tu­rel­le Rela­ti­vi­tät und den Wan­del gesell­schaft­li­cher Ansich­ten.

Somit darf der in der Fas­sung des § 218 StGB von 1995 nor­mier­te Makel, bei einem Schwan­ger­schafts­ab­bruch rechts­wid­rig gehan­delt zu haben, auf kei­nen Fall bestehen blei­ben. Die staat­li­che Grund­wer­te­de­bat­te hat sich spä­tes­tens nach mehr als einem Vier­tel­jahr­hun­dert auf eine tole­ran­te Sicht­wei­se und eine plu­ra­lis­ti­sche Gesell­schaft ein­ge­las­sen. Das soll­te man jeden­falls mei­nen – bevor unlängst Olaf Scholz in der Abtrei­bungs­fra­ge mit hef­ti­gen ver­ba­len Aus­fäl­len von Fried­rich Merz per­sön­lich atta­ckiert wur­de.

Empörung von Friedrich Merz über Reformvorschlag aus dem Bundestag

Es war skan­da­lös, als sich im Novem­ber 2024 der Uni­ons-Kanz­ler­kan­di­dat öffent­lich über den (noch amtie­ren­den) SPD-Kanz­ler empör­te, weil die­ser einen sehr mode­ra­ten inter­frak­tio­nel­len Ent­wurf zur Neu­re­ge­lung des Schwan­ger­schafts­ab­bruchs mit­ge­zeich­net hat­te. Laut Merz han­delt es sich bei die­sem Vor­stoß um „eine Lega­li­sie­rung des Schwan­ger­schafts­ab­bruchs“, der eine ideo­lo­gisch moti­vier­te Spal­tung der Gesell­schaft pro­vo­zie­ren wür­de. Merz warf Bun­des­kanz­ler Scholz vor, sich hin­ter ein Vor­ha­ben zu stel­len, „das wie kein wei­te­res das Land pola­ri­siert“.

Rich­tig ist hin­ge­gen, dass der inter­frak­tio­nel­le Reform­vor­schlag ledig­lich die bis­he­ri­gen Rege­lun­gen aus dem Straf­ge­setz­buch in das geson­der­te Schwan­ger­schafts­kon­flikt­ge­setz (SchKG) trans­for­miert. Aller­dings wür­de dadurch bei rund jähr­lich 95.000 durch­ge­führ­ten Abbrü­chen – heu­te zwar straf­frei – deren nichts­des­to­trotz bestehen­de Recht­wid­rig­keit abge­schafft.

Es geht um die Chan­ce einer mehr­heits­fä­hi­gen Befür­wor­tung des Grup­pen­an­trags der Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten zur Neu­re­ge­lung der ers­ten drei Schwan­ger­schafts­mo­na­te noch in die­ser Legis­la­tur. Es haben ihn bis­her rund 240 inter­frak­tio­nel­le Unterstützer*innen (der SPD, Grü­nen und Lin­ken) unter­schrie­ben, dar­un­ter Olaf Scholz und Robert Habeck. Die bei­den Initia­to­rin­nen, Car­men Weg­ge (SPD) und Ulle Schauws (Grü­ne), räu­men ein: Es han­delt sich – ange­sichts eines durch die Neu­wah­len noch­mals enger wer­den­den Zeit­fens­ters – um einen nur „mini­mal­in­va­si­ven“ Ein­griff in die bestehen­de Rechts­la­ge und Pra­xis. Prak­tisch wür­de sich für unge­wollt Schwan­ge­re und ihre Ärzt*innen kurz­fris­tig nichts ändern, eine geplan­te Bezah­lung des Abbruchs durch die Kran­ken­kas­sen aller­dings in Aus­sicht gestellt. Frag­los ent­hält der par­la­men­ta­ri­sche Ent­wurf bei wei­tem nicht das, was in Ver­an­stal­tun­gen, Kam­pa­gnen oder Expert*innenkreisen zur Abschaf­fung des Para­gra­fen 218 StGB als not­wen­dig erach­tet wird. Aber er wäre jetzt den­noch als ers­ter wich­ti­ger Schritt zu wei­te­ren Ver­än­de­run­gen zu unter­stüt­zen.

Noch ein­mal zur Erin­ne­rung und Bekräf­ti­gung: Die Straf­frei­heit bei prin­zi­pi­ell blei­ben­der Sit­ten- bzw. Rechts­wid­rig­keit ist eine eigen­tüm­li­che deut­sche Regu­lie­rungs­ver­ren­kung. Die­se hat not­wen­di­ge Reform­vor­ha­ben blo­ckiert und ist ver­mut­lich ver­ant­wort­lich für eine sich in man­chen Regio­nen dra­ma­tisch ver­schlech­tern­de gynä­ko­lo­gi­sche Ver­sor­gung von unge­wollt Schwan­ge­ren. Dage­gen will eine Grup­pe von Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten nun die Sit­ten­wid­rig­keit abschaf­fen, die ja schon dar­in bestehen soll, auch ein win­zi­ges Eizell­häuf­chen unmit­tel­bar nach Ein­nis­tung in den Ute­rus abzu­tö­ten. Das bedeu­tet kei­nes­falls den Schwan­ger­schafts­ab­bruch ins­ge­samt zu „lega­li­sie­ren“! Denn dabei wäre auch der Lebens- und Wür­de­schutz bereits hoch­ent­wi­ckel­ter Föten betrof­fen, wie Fried­rich Merz sug­ge­rie­ren will. Olaf Scholz hat viel­mehr einen sehr zurück­hal­ten­den Gesetz­ent­wurf mit­ge­zeich­net, der allen­falls eine über­fäl­li­ge Teil-Ent­kri­mi­na­li­sie­rung vor­nimmt.

Lebensschutz als Frage der Weltanschauung

Als Welt­an­schau­ungs­ver­band hält der Huma­nis­ti­sche Ver­band Deutsch­lands die Fra­ge für wich­tig, ab wann der frü­he Embryo sich über­haupt zu einem schüt­zens­wer­ten Föten­sta­di­um ent­wi­ckelt. Aus huma­nis­ti­scher Sicht ist er zunächst kein mensch­li­ches Wesen, son­dern wird stu­fen­wei­se dann erst als Fötus dazu. Einen reli­gi­ons­ge­schicht­li­chen Ein­blick in die durch­aus wech­sel­vol­le jahr­hun­der­te­lan­ge Geschich­te der christ­lich domi­nier­ten Sicht­wei­sen ver­moch­te eben­falls Prof. Hart­mut Kreß zu gewäh­ren. Eines ist dabei unbe­streit­ba­res Fak­tum: Die Frist von drei Mona­ten („Besee­lung“ maxi­mal bis zum 90. Tag) kann allen­falls als her­kömm­li­che, ursprüng­lich vor­wis­sen­schaft­li­che und als heu­te voll­kom­men will­kür­li­che Set­zung ver­stan­den wer­den.

Es ist sehr zu bedau­ern, dass im inter­frak­tio­nel­len Reform­ent­wurf ers­tens die Drei­mo­nats­frist nicht zumin­dest (!) auf eine Vier­mo­nats­frist erwei­tert wird und zwei­tens für Schwan­ge­re die Bera­tungs­pflicht wie bis­her in einer staat­lich aner­kann­ten Stel­le bei­be­hal­ten wird. Bei Nicht-Ein­hal­tung die­ser bei­den Vor­aus­set­zun­gen soll laut § 14 im SchKG (neu) die­sel­be Bestra­fung für Ärzt*innen gel­ten wie bis­her im § 218 StGB (bis zu drei Jah­re Gefäng­nis) – nur jetzt gere­gelt im soge­nann­ten Neben­straf­recht eines Son­der­ge­set­zes. Aber: Bei Ein­hal­tung die­ser Vor­aus­set­zun­gen ent­fällt damit eben die Rechtswid­rig­keit (d. h. sitt­li­che Unwert­erklä­rung) und wird umge­kehrt statt­des­sen im § 12 SchKG (neu) aus­drück­lich zur Rechtmäßig­keit erklärt. 

Appelle, Aufrufe, Glaubwürdigkeit und Bündnispolitik

Car­men Weg­ge schreibt auf ihrer Home­page: „Der Schutz des unge­bo­re­nen Lebens ist in der Ver­fas­sung ver­an­kert. Ein erschwer­ter Zugang zu Schwan­ger­schafts­ab­brü­chen erfüllt die­ses Ziel jedoch nicht.“ Für die­sen sehr oder viel­leicht auch zu mode­ra­ten Vor­stoß soll bei Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten noch auf den letz­ten Metern gewor­ben wer­den. Der Huma­nis­ti­sche Ver­band Deutsch­lands zeich­net einen gemein­sa­men Appell von zivil­recht­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen an alle Bun­des­tag­ab­ge­ord­ne­ten demo­kra­ti­scher Par­tei­en zur Unter­stüt­zung des Gesetz­ent­wur­fes mit. Eine Fra­ge scheint aller­dings: Hät­te es bei dem dort for­mu­lier­ten Appell „schrei­ben Sie jetzt Geschich­te!“ gegen­über noch Schwan­ken­den nicht bes­ser eine Num­mer klei­ner sein kön­nen? Zu den­ken gewe­sen wäre an einen Hin­weis, dass die Ände­run­gen nicht etwa ideo­lo­gisch bedingt sind und die inter­frak­tio­nel­le Initia­ti­ve auch kei­nes­falls eine abso­lu­te „Lega­li­sie­rung des Schwan­ger­schafts­ab­bruchs“ vor­sieht – wie Fried­rich Merz fälsch­li­cher­wei­se behaup­tet.

Zu fra­gen wäre auch, ob es zur Unter­stüt­zung des Gesetz­ent­wurfs im Bun­des­tag hilf­reich ist, für die Groß­de­mons­tra­tio­nen am 7. Dezem­ber mit einem Text zu wer­ben, der jeden­falls noch unent­schlos­se­ne Abge­ord­ne­te bei einer Abstim­mung nicht über­zeu­gen dürf­te. Laut einem Bei­trag der Giord­a­no-Bru­no-Stif­tung rufen – unter ins­ge­samt etwa 100 Orga­ni­sa­tio­nen – „Amnes­ty Inter­na­tio­nal, das Bünd­nis für sexu­el­le Selbst­be­stim­mungpro fami­lia und die Giord­a­no-Bru­no-Stif­tung“ dazu auf unter dem Mot­to: Abtrei­bung lega­li­sie­ren – jetzt!. Dort heißt es: „Die Kon­trol­le, Aus­beu­tung und Unter­drü­ckung von Men­schen, die schwan­ger wer­den kön­nen, ist ele­men­ta­rer Bestand­teil patri­ar­cha­ler Herr­schaft. […] welt­weit bedroht der Auf­stieg faschis­ti­scher Bewe­gun­gen die Rech­te von Frau­en, Les­ben, inter*, non-binä­ren, trans* und agen­der Per­so­nen. Der Kampf gegen Faschis­mus ist auch ein Kampf für die Selbst­be­stim­mung über unse­re Kör­per und für repro­duk­ti­ve Gerech­tig­keit.“ Der Unter­ti­tel des Mot­tos lau­tet: „Wir sind vie­le. Wir sind mehr. Wir sind die 75 %“ (angeb­lich gemäß einer reprä­sen­ta­ti­ven Umfra­ge).

Der Huma­nis­ti­sche Ver­band Deutsch­lands wird wei­ter­hin an einer von fort­schritt­li­chen juris­ti­schen und medi­zin-ethi­schen Expert*innen mit­ent­wi­ckel­ten Posi­tio­nie­rung fest­hal­ten, die auf eine Fris­ten­re­ge­lung ohne Bera­tungs­pflicht bis zur 22. Schwan­ger­schafts­wo­che hin­aus­läuft. Es geht also um eine Erwei­te­rung der Drei­mo­nats­frist um min­des­tens (!) vier bis zu gut acht Wochen. Es ist in der gegen­wär­ti­gen Gemenge­la­ge nicht ganz ein­fach, nach­hal­tig glaub­wür­dig zu blei­ben und sich dabei auch brei­ten Kam­pa­gnen anzu­schlie­ßen, die gemäß der eige­nen Grund­über­zeu­gung ent­we­der zu weit oder nicht weit genug gehen. Dabei hat der für alle wei­te­ren Reform­vor­ha­ben not­wen­di­ge Weg­fall der Rechts­wid­rig­keit als Mini­mal­kon­sens zunächst obers­te Prio­ri­tät.

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