Suche
Offener Brief

Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs nach gesundheitsförderlichen, verfassungsrechtlichen und menschenrechtlichen Gesichtspunkten

| von

Beitragsbild: Claudio Schwarz/unsplash

42 Verbände und Organisationen, darunter auch der HVD Bundesverband, fordern den Bundeskanzler, die Bundesminister*innen und die Bundestagsabgeordneten der Regierungsparteien auf, noch in dieser Wahlperiode einen Gesetzesentwurf zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs zur Beratung und Abstimmung im Bundestag vorzulegen.

Sehr geehr­ter Herr Bun­des­kanz­ler Scholz, sehr geehr­te Bun­des­mi­nis­te­rin­nen und Bun­des­mi­nis­ter, sehr geehr­te Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te der Regie­rungs­par­tei­en,

wir for­dern Sie auf, noch in die­ser Wahl­pe­ri­ode einen Geset­zes­ent­wurf zur Neu­re­ge­lung des Schwan­ger­schafts­ab­bruchs zur Bera­tung und Abstim­mung im Bun­des­tag vor­zu­le­gen.

Aktu­el­le For­schung zu den Erfah­run­gen unge­wollt Schwan­ge­rer in Deutsch­land zeigt: Der Schwan­ger­schafts­ab­bruch wird stig­ma­ti­siert und die Ver­sor­gungs­la­ge ist vie­ler­orts unzu­rei­chend. Jedoch wären mehr Gynäkolog*innen bereit Schwan­ger­schafts­ab­brü­che vor­zu­neh­men, wenn sich die Rah­men­be­din­gun­gen ver­bes­ser­ten. Sie sehen § 218ff StGB als wesent­li­chen Teil des Pro­blems. Der Bericht der Kom­mis­si­on zur repro­duk­ti­ven Selbst­be­stim­mung und Fort­pflan­zungs­me­di­zin zeigt auf, dass Geset­zes­än­de­run­gen zur Rege­lung des Schwan­ger­schafts­ab­bruchs not­wen­dig und ver­fas­sungs­recht­lich mög­lich sind. Die grund­sätz­li­che Rechts­wid­rig­keit des Schwan­ger­schafts­ab­bruchs min­des­tens in der Früh­pha­se der Schwan­ger­schaft ist nicht halt­bar.

Wir hal­ten fest, was sich aus unse­rer Sicht nicht bestrei­ten lässt: § 218 StGB ist kein guter Kom­pro­miss. Eine Neu­re­ge­lung des Schwan­ger­schafts­ab­bruchs im Sin­ne einer guten Gesund­heits­ver­sor­gung ist drin­gend gebo­ten und auch mach­bar. Lebens­schutz kann und muss mit ande­ren Mit­teln umge­setzt wer­den.

Laut aktu­el­len Mei­nungs­um­fra­gen durch das BMFSFJ fin­det die über­wie­gen­de Mehr­heit der Bevöl­ke­rung, dass Schwan­ger­schafts­ab­brü­che künf­tig nicht mehr im Straf­ge­setz­buch gere­gelt wer­den soll­ten.

Evi­denz der Pro­blem­la­ge, Lösungs­an­sät­ze und eine brei­te gesell­schaft­li­che Unter­stüt­zung sind gute Vor­aus­set­zun­gen dafür, im Bun­des­tag eine par­la­men­ta­ri­sche Mehr­heit für eine Neu­re­ge­lung des Schwan­ger­schafts­ab­bruchs zu errei­chen.

Die Bun­des­re­gie­rung hat in ihrem Koali­ti­ons­ver­trag for­mu­liert: „Wir stär­ken das Selbst­be­stim­mungs­recht von Frau­en. Wir stel­len Ver­sor­gungs­si­cher­heit her.“ In die­sem Som­mer wird das Grund­ge­setz 75 Jah­re alt – und mit ihm der Gleich­heits­grund­satz in Arti­kel 3, der trotz staat­li­cher Ver­pflich­tung immer noch nicht umge­setzt wird. Ange­sichts aktu­el­ler Ent­wick­lun­gen und bevor­ste­hen­der Euro­pa- und Land­tags­wah­len erwar­ten wir von Regie­rung und demo­kra­ti­schen Par­la­men­ta­rie­rin­nen drin­gend, Men­schen- und Frau­en­rech­te vor Demo­kra­tie­fein­den zu ver­tei­di­gen, zu schüt­zen und abzu­si­chern. Dazu gehört auch, dass Sie sich aktiv für eine Neu­re­ge­lung des Schwan­ger­schafts­ab­bruchs ein­set­zen!

Unse­re Ver­bän­de und Orga­ni­sa­tio­nen sichern Ihnen ihre Unter­stüt­zung für die Kon­zep­ti­on und Umset­zung einer ziel­füh­ren­den gesetz­li­chen Rege­lung des Schwan­ger­schafts­ab­bruchs nach gesund­heits­för­der­li­chen, ver­fas­sungs­recht­li­chen und men­schen­recht­li­chen Gesichts­punk­ten zu.

Offe­ner Brief mit Unter­zeich­nen­den

Inhalt teilen

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Meistgelesen

Ähnliche Beiträge

Freitagssalon_Humanismus-Naturalismus
Humanistischer Freitagssalon
Humanismus und Naturalismus am 27. September mit Julian Nida-Rümelin
Am Freitag, 27. September, um 18 Uhr spricht der Philosoph Julian Nida-Rümelin zum Thema Humanismus und Naturalismus. Der digitale Humanistische Freitagssalon steht allen Interessierten offen. Herzlich willkommen!
Beitrag lesen »
Menschenrechte
Zur deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik
Menschenrechte gelten nicht nur ab und zu!
Die bürgerlichen Parteien konnten einmal Demokratie. Jetzt laufen sie Gefahr, ihren Anspruch zu verlieren. Sie sollten die Menschenrechte noch einmal studieren. Menschenrechte gelten nicht nur ab und zu! Und die Menschenrechte gelten für alle! Man kann sich nicht aussuchen, für wen sie gelten sollen.
Beitrag lesen »
Jamel
Jamel rockt den Förster
Humanist*innen rocken gegen Rechts
Die diesjährige Ausgabe des Festivals „Jamel rockt den Förster“ hat am 30. und 31. August stattgefunden. Auch der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg war mit einem Infostand dabei.
Beitrag lesen »
rasa-kasparaviciene-cASFKmMkJ6E-unsplash
Manfred Isemeyer im Gespräch
Das Gedächtnis der humanistischen Bewegung
Seit Oktober 2018 arbeitet der Historische Arbeitskreis (HAK), der auf Wunsch von Präsidium und Vorstand des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg ins Leben gerufen wurde. Manfred Isemeyer koordiniert den HAK und erläutert, warum die Frage nach den Wurzeln für ihn persönlich sowie für den Verband wichtig ist. 
Beitrag lesen »
Nach oben scrollen